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Hilfengebung – Sinn & Zweck

von Barbara Kronawitter
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Die Hilfengebung, oder auch Kommunikation zwischen Reiter und Pferd, verlangt von uns Menschen ein Höchstmaß an Koordination und Gefühl. Wir Reiter müssen wissen, was wir mit welchen Hilfen bezwecken wollen und uns immer hinterfragen, ob sie jetzt richtig eingesetzt wurde oder nicht. Viel wichtiger ist aber, das Verständnis, dass keine Hilfe für sich alleine steht und nur im Zusammenspiel mit allen Hilfen vom Pferd verstanden werden kann.

Was sind Hilfen

Hilfen sind die Kommunikation zwischen uns Menschen und Pferd, während wir auf dem Pferd sitzen. Man unterscheidet zwischen treibenden und verhaltenden Hilfen. Wobei die treibenden Hilfen immer den Vorrang haben sollen.

Treibende Hilfen– die Schenkelhilfe

Die Schenkelhilfe ist die Hilfe, die wir mit unserer flachen Wade am Pferdebauch geben, indem wir diese an den Pferdkörper drücken und nicht die Ferse am Bauch hoch ziehen.

Es gibt drei Arten von Schenkelhilfen:

  • vorwärtstreibende Schenkelhilfe Die Schenkel liegen so hinter dem Sattelgurt, dass das Schienbein des Reiters mit dem Gurt abschließt, bzw. das Bein hängt aus der Hüfte entspannt nach unten. Dieser Schenkel treibt immer vorwärts und ist somit für die Vorwärtsbewegung zuständig. In Wendungen ist es der innere treibende Schenkel, der die Biegung des Pferdes macht.
  • vorwärts-seitwärts-treibende Schenkelhilfe Aus der Hüfte werden Knie und Schenkel eine Handbreit zurück genommen. Liegt treibend am Pferdebauch. Ziel ist es, das gleichseitige Hinterbein zum überkreuzen zu animieren. Darum wird diese Hilfe bei allen Seitengängen verwendet.
  • verwahrende Schenkelhilfe Lage ist gleich mit vorwärts-seitwärts-treibender-Schenkel, nur das dieser Schenkel NICHT aktiv treibt. Er liegt nur am Pferdebauch an und achtet darauf, dass die Hinterhand „in der Spur bleibt“. Daraus ergibt sich, dass diese Hilfe auch mal etwas „drückt“, damit die Hinterhand nicht ausweicht. Diese Schenkelhilfe ist der Gegenspieler der zwei oben genannten Hilfen. Auf Wendungen gibt er acht, dass die Hinterhand nicht nach außen ausweicht, bei Seitengängen, dass die Hinterhand die Vorhand nicht überholt.

Doch wann gebe ich nun mein treibenden Impuls? Die Schenkelhilfe ist mitverantwortlich, dass die Hinterbeine des Pferdes aktiv unter den Schwerpunkt treten. Der treibende Impuls sollte immer dann kommen, wenn das gleichseitige Hinterbein vom Boden abhebt. Dann hat man die Chance, dass das Pferd die treibende Hilfe annimmt und das Hinterbein weiter und aktiver unter den Schwerpunkt setzt.

Treibende Hilfen – die Gewichtshilfe

Die Gewichtshilfe geben wir unmittelbar mit unserem Gewicht. Der „Überträger“ hierfür ist unser Becken, genauer gesagt, unsere Sitzbeinhöcker. Pferde spüren kleinste Veränderungen unserer Gewichtsverteilung. Dazu kommt, dass Pferde immer unter unserem Schwerpunkt „laufen wollen“, damit sie nicht „umfallen“. Dieses Wissen macht man sich hier zu Nutze.

  • einseitig belastende Gewichtshilfe Ein Gesäßknochen wird mehr belastet als der andere. Wichtig ist, dass man nicht in der Hüfte einknickt. Benötigt wird diese Hilfe beim Reiten von Wendungen, reiten in Biegung, Seitengängen, beim Angaloppieren, etc.
  • beidseitige Gewichtshilfe beide Gesäßknochen sind gleichmäßig belastet. Man verwendet es beim gerade aus reiten. Um die Hinterhand zu aktivieren, das Pferd mehr zu schließen, oder bei ganzen/halben Paraden spannt man den  Unterbauch im Takt vom Pferd an und wieder ab.(Bauchnabel zur Wirbelsäule).
  • entlastende Gewichtshilfe Je nach Ausprägung nimmt man den Oberkörper vor die Senkrechte, bis hin zum Anheben des Gesäß (leichter Sitz). Dadurch wird das Reitergewicht vermehrt auf Oberschenkel und / oder Steigbügel verteilt. Das Pferd hat „weniger Gewicht im Rücken“. Diese Hilfe wird oft bei jungen Pferden angewandt, im Gelände, beim Springreiten, oder immer dann, wenn der Rücken des Pferdes entlastet werden soll

Die Gewichtshilfen sind der Blinker des Reitens. Wenn ich nach links reiten will, belaste ich den linken Gesäßknochen mehr. Reite ich nach rechts, belaste ich rechts mehr. Wenn ich gerade aus reiten will, belaste ich beide Seiten gleich. Sprich, das Reitergewicht ist immer da, wo man hinreiten möchte.

Verhaltende Hilfen – die Zügelhilfe

Die Zügelhilfe ist die wohl meist diskutierte Zügelhilfe. Mit Gefühl und richtig dosiert eingesetzt hat diese Hilfe einen wunderbaren nutzen. Im Einsatz dieser Hilfe trennen sich auch einige Reitweisen. Die klassischen Englischreiter halten hier eine dauerhafte feine Verbindung zum Pferdmaul, die Westerreiter z. B. nicht.

  • annehmende Zügelhilfe Man schließt die Reiterhand etwas mehr, dadurch kommt schon mehr Spannung auf den Zügel. Je nach Intensität kann auch das Handgelenk eingedreht werden, dennoch stehts vorsichtig und mit Gefühl! Verwendet wird diese Hilfe bei ganzen und halben Paraden, um das Pferd aufmerksam zu machen, oder es vermehrt zu schließen, etc.
  • nachgebende Zügelhilfe folgt nach jeder annehmenden Zügelhilfe und bedeutet, dass die Reiterhand wieder in die Grundposition zurück kehrt.
  • Durchhaltende / aushaltende Zügelhilfe  hier spannt man den Zügel vermehrt, dennoch bleibt die Verbindung zum Pferdemaul weich. Man hält diesen „Zug“ solange aufrecht, bis das Pferd sich vom Gebiss abstößt und selbst zum Tragen kommt. Das kann nur funktionieren, wenn treibenden Hilfen korrekt kombiniert werden. Verwendet wird diese Zügelhilfe bei ganzen Paraden, schließen des Pferdes, Hinterhand aktivieren, bei jedem Gangartwechsel “nach unten”, Tempi verlangsamen, aufnehmen, etc.
  • Seitwärts-weisende Zügelhilfe Man führt die Reiterhand vom Wiederrist weg nach innen, nicht nach hinten. Diese Zügelhilfe verwendet man oft bei jungen Pferden um ihnen den Weg in die Wendung zu zeigen. Ebenso beim erlernen von Seitengängen, um die Richtung zu zeigen.
  • Verwahrende Zügelhilfe ist stets der Gegenspieler zu annehmenden und sietwärts-weisenden Zügelhilfe. Er hält weich Verbindung zum Verbindung zum Pferdemaul. Begrenzt die Pferdeschulter, lässt Stellund und Biegung zu, passt aber zugleich auf, dass das Pferd nicht überstellt wird.

Bei allen Zügelhilfen sollte man auf eine weiche Verbindung zum Pferdemaul achten. Wichtig ist auch, dass das Pferd die Anlehnung sucht, der Reiter sie anbietet. Das Pferd dehnt sich vertrauensvoll in die Reiterhand, wenn die Summer der Hilfen stimmt, nicht weil der Reiter am Zügel zieht. Ebenso wichtig ist der Leitsatz „auf eine annehmende Zügelhilfe, folgt IMMER eine nachgebende Zügelhilfe“.

Warum sind sie so wichtig

Jeder Reiter, egal ob Turnier, ambitionierter Freitzeitreiter, oder Wald- und Wiesenreiter sollte die Basics der Hilfen verstehen und beherrschen. Ebenso wie sein Pferd. Es gibt Situationen, in denen das Pferd diese Hilfen annehmen muss, damit nichts schlimmes passiert. Z. B. im Gelände liegt auf der einen Seite ein Zaun. Das Pferd könnte hineinsteigen und sich schlimm verletzten. Hier MUSS das Pferd die Hilfen annehmen und der Reiter muss wissen, wie er diese einsetzt. Für jede „Notsituation“ ist es wichtig, dass das Pferd die Hilfen versteht und umsetzt, ebenso wie der Reiter.

Erlernt wird dies in der Reitbahn in Form der Bahnfiguren und Lektionen. Darum ist ein wenig Dressurabeit immer gut.

Paraden – was ist das?

Viele verstehen unter Paraden „am Zügel ziehen“, bzw. eine Zügelhilfe. Doch das ist falsch. Paraden sind das Zusammenspiel aller Hilfen (Schenkel-, Gewichts- und Zügelhilfe). Man unterscheidet ganze und halbe Paraden.

Eine ganze Parade führt aus jeder Gangart zum Halten und kann nur korrekt auf einer geraden durchgeführt werden.

Eine halbe Parade ist das kurzzeitige „einschließen des Pferds zwischen den Hilfen“ um es vermehrt zu schließen, auf neue Lektionen aufmerksam zu machen, die Hinterhand zu aktivieren, etc.

Die Paraden sollen nochmal verdeutlichen, dass keine Hilfe alleine steht und nur im korrekten Zusammenspiel ihren Sinn ergeben. Es liegt an uns Menschen zu erfühlen und erspüren, von welchen Hilfen das Pferd etwas mehr, oder weniger braucht. Die Hilfengebung ist ein Frage-Antwort-Spiel. Mit unseren Hilfen „Fragen“ wir das Pferd, ob es diese Hilfe versteht. Das Pferd reagiert darauf. Ist die Reaktion des Pferdes die gewünschte, haben wir die Hilfen richtig eingesetzt. Reagiert das Pferd nicht wie gewünscht, muss der Reiter den Einsatz und Intensität der Hilfen überdenken und ändern.

Jedes Pferd schreibt seine „Anleitung“ selbst und wir Reiter sind in der Pflicht diese „Anleitung“ lesen zu lernen.

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