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Verhaltensänderungen: Der Zuckereffekt bei Pferden

von Dr. med. vet. Malin Olson
4 Kommentare

Letze Woche habe ich eine Freundin und ihre 10 Poloponys besucht. Der Besuch war schon seit langem geplant, weil ich gerne mehr über Polo sowie über die praktische Fütterung von diesen Leistungspferden lernen wollte. Die Anlage war sehr groß und sowohl Poloponys als auch Traber und Rennpferde werden hier gehalten und trainiert. Die Poloreiterin war gut gelaunt, sie hat mir alle ihre Pferde kurz vorgestellt sowie die zwei Pfleger, die sich um die Fütterung kümmern. Danach sind wir in die Stube gegangen, um Kaffee zu trinken. Sie hat dann angefangen über das Wochenende zuvor zu erzählen.

Verhaltensänderungen

Ihr Team war mit sechs von den Pferden zum Poloturnier gefahren. Schon morgens beim Verladen haben sie bemerkt, dass die Pferde ungewöhnlich unruhig waren. Beim Ausladen und Satteln hat das Team extra Hilfe rufen müssen, um überhaupt die Pferde für das Spiel fertig machen zu können. Gesattelt und gezäumt sind sie aufgesessen. Aber nicht mal 30 Sekunden später lag schon eine der Spielerin auf dem Boden. Nach 15 Minuten mussten sie aufgeben. Die Pferde ließen sich nicht beruhigen und ein Spiel so durchzuführen, wäre sogar gefährlich gewesen. Sie haben die Pferde wieder abgesattelt und in den LKW verladen, um wieder nach Hause zu fahren.

Später hat sich herausgestellt, dass es die Pfleger „gut gemeint“ hatten. Sie wollten, dass die Poloponys richtig viel Energie haben. Deshalb hatten sie das Müsli von den Rennpferden am Abend davor gefüttert. Dieses Müsli besteht aus Getreide (gequetschter Hafer, gepoppter Mais, gequetschte Gerste) und Melasse. Sie hat mich gefragt, warum ihre Pferde unreitbar geworden waren und wie sie so was in der Zukunft vermeiden kann.

Ich habe ihr dann vom Zuckereffekt erzählt

Und gleichzeitig gedacht, dass es sicher viele Reiter gibt, die gerne ihre Pferde etwas ruhiger und kontrollierbarer hätten.

Die Fütterung zuckerhaltiger Kraftfutter – Futter basierend auf Hafer, Gerste, Mais, Weizen mit dem Hauptbestandteil Stärke (was zu Zucker abgebaut wird) bewirkt Verhaltensänderungen. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort, dass jemanden „der Hafer sticht“, wenn er besonderes übermütig ist. Dies ist nicht sonderlich erstaunlich, denn Getreidekörner bewirken eine mehr oder weniger ausgeprägte Insulinreaktion nach der Nahrungsaufnahme, welche den Zuckerstoffwechsel im Gehirn verändert und zu Verhaltensänderungen führen kann.

Diese Reaktion ist bei Hafer stärker ausgeprägt als bei Gerste und Mais, obwohl diese mehr Zucker beinhalten als Hafer. Der Grund ist wahrscheinlich, dass Hafer am besten verdaut wird (80-95% je nach Qualität), Mais kommt an zweiter Stelle (29-90% je nach Behandlung) und Gerste an letzter Stelle (22-75% je nach Behandlung). Nach bisherigen Untersuchungen lässt sich eine vermehrte spontane Bewegungslust durch stärkehaltige Kraftfutter induzieren. Diese geht allerdings auf Kosten einer reduzierten Stresstoleranz, vermehrte Ängstlichkeit – aber das Pferd wird auch frecher und unkontrollierbarer unter dem Reiter.

Was soll ich denn statt Hafer, Müslis und Pellets füttern?

Die beste Energiequellen sind Gräser mit viel Rohfaser. Diese Stoffe werden im Dickdarm zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut. Diese kleinen Fettsäuren sind eine hervorragende Energiequelle für die Muskulatur. Energie aus Heu ist also für jedes Pferd geeignet, wo der Reiter die Energie lieber für Leistung haben möchte als für Nervosität und Explosivität. Als netter Nebeneffekt – die Pferde sind länger beschäftigt und die Mikroorganismen im Magen-Darm-Trakt glücklich.

  • Mehr Informationen erhaltet ihr unter www.cavapro.com
  • Warum sollte ich meinem Pferd rote Beete füttern?
  • Wie kann ich eine Kolik beim Pferd vorbeugen?

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4 Kommentare

Björn Gerber 12. August 2016 - 17:17

Bei 30-jähriger Pferdehaltung, und Springprüfungen in der Klasse S, könnte ich diese Effekte nie beobachten. Richtig ist das Heu in ausreichenderMenge zu Verfügung stehen muss. Aber Hafer ist alle Mal besser als Schweinefutter…ü

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Malin Olson 15. August 2016 - 9:52

Hallo Herr Geber,

je nach Haltungsbedingung und Pferd kann der Effekt stark, mittelmäßig, schwach oder gar nicht vorhanden sein. Vor allem wenn die Pferde Koppelgang haben werden sie dort den „Zuckereffekt“ ausleben 🙂 Ich bin sonst genau Ihre Meinung, wenn Getreide gefüttert wird dann ist Hafer mit Abstand das Beste!

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Checkliste für einen artgerechten Pferdestall | ehorses Blog 20. Dezember 2016 - 14:17

[…] Der Zuckereffekt – Verhaltensveränderungen bei zuckerhaltigem Kraftfutter […]

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Chris Balko 8. November 2017 - 14:50

Ich kann das nur bestätigen. Bei meinem leichtfuttrigen, sowieso hypersensiblen Paintmix , der eigentlich gar kein Getreide bekommt, reicht schon junges, zuckerhaltiges Gras aus, ihn Gespenster sehen zu lassen und bei jedem lauten Geräusch zusammenzufahren. Das war in jungen Jahren manchmal gefährlich, jetzt ist er 7 und rennt nicht mehr so kopflos los.
Gibt es Literatur, die solch Verhalten erklärt? Bei Kindern soll sich ADHS ja auch durch Zuckerverzicht bessern…

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