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Wie verschnalle ich die Kandare richtig?

von Deike Bräutigam
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Anzeige: Insbesondere Dressurreiter, die in den höheren Klassen starten wollen, müssen sich früher oder später mit dem Thema Kandare befassen. Der folgende Artikel soll eine Hilfestellung geben, wie die Kandarengebisse richtig ausgewählt und angepasst werden, damit der Umstieg auf Kandare gelingt.

Solltest Du Dich dazu entscheiden auf Kandare zu reiten, sollten Pferd und Reiter gewisse Grundvoraussetzungen bereits mitbringen, denn die Kandare dient zur Verfeinerung der Hilfengebung, und testet gleichzeitig die Fähigkeiten des Reiters.

Folgende Punkte in der Ausbildung von Pferd und Reiter sollten bereits gegeben sein:

  • Zügelunabhängiger und ausbalancierter Sitz
  • Weiche Reiterhand mit gleichmäßiger und koordinierter Einwirkung
  • Funktionierendes Zusammenspiel der Hilfen
  • Ruhiger & zufriedener Kontakt mit dem Trensengebiss
  • Ausbalanciertes Pferd, das sich selbst trägt
  • Gute Reaktion auf Schenkel-, Gewichts- und Zügelhilfen
  • Erste Ansätze von Versammlungsbereitschaft, Schub- und Tragkraft

Aufbau der Kandare

Die meisten von Euch wissen sicherlich, wie eine Kandare aufgebaut ist. Der Vollständigkeit halber, soll hier dennoch ein kurzer Abriss gegeben werden. 

In der Dressur wird die Kandare immer in Kombination mit einer Unterlegtrense verwendet. Es wird mit zwei Zügelpaaren geritten, wobei die Zügelhilfen vorrangig über das Unterleggebiss gegeben werden. Der Kandarenzügel wird hauptsächlich zur Verfeinerung der Hilfen genutzt.

Die Unterlegtrense ist ein einfach oder doppelt gebrochenes Mundstück und wird mit dem Hauptzügel bedient. Der Reiter wirkt so auf die Zunge des Pferde ein, so wie beim normalen Trensengebiss auch. Hier findest Du mehr Infos zu den verschiedenen Gebissformen und ihrer Wirkung.

Das Kandarengebiss wird zusätzlich zur Unterlegtrense verwendet. Es besteht aus einer starren Stange und Seitenteilen mit Ober- und Unterbaum, sowie einer Kinnkette. Das Backenstück des Kandarenzaums wird im Ring des Oberbaums befestigt. Dort sind auch die Haken für die Kinnkette angebracht. Der Kandarenzügel wird in die Ringe am unteren Ende des Unterbaums geschnallt. Wird der Kandarenzügel angenommen, drehen sich Ober- und Unterbaum um das Mundstück, wodurch die Hebelwirkung entsteht und Druck auf das Genick ausgeübt wird. 

Das Verhältnis zwischen Ober- und Unterbaum, bzw. die Länge des Unterbaums bestimmt die Stärke des Hebels. Die Standard Längen der Unterzüge sind 5cm und 7cm. Ein kürzerer Unterzug, auch Baby-Kandare genannt, reagiert schneller, hat aber im Gegensatz zu einem längeren Unterzug eine geringere Hebelwirkung auf das Genick. 

Die Kinnkette wird in die Kinnkettenhaken am Oberbaum eingehakt. Dabei müssen die Kettenglieder ausgedreht sein und mit der flachen Seite am Unterkiefer anliegen. Richtig verschnallt lässt sie einen Winkel von 30°-45° zwischen Unterzug und Mundspalte zu, und limitiert so den Druck auf das Genick. Beim Aufnehmen der Kandarenzügel, dreht sich das Seitenteil der Kandare so lange, bis die Kinnkette anfängt zu greifen.

Welches Kandarengebiss ist das Richtige?

Anpassung und Größenauswahl von Kandare und Unterlegtrense

Damit der Umstieg auf Kandare gelingt, ist es besonders wichtig, sich mit der richtigen Anpassung der Gebisse zu befassen. Das wohl häufigste Missverständnis liegt in dem Satz: „die Unterlegtrense muss größer sein, als die Kandare“. Im Prinzip ist das nicht falsch, aber in der Formulierung irreführend. Als Folge wählen viele Reiter ein zu großes Gebisspaar, was zu hoch verschnallt wird und so einen Kreislauf an Problemen mit sich führt.

Aber wie verschnalle ich eine Kandare nun richtig? Als Unterlegtrense verwendest Du das gleiche Modell in Form und Breite, wie beim normalen Trensengebiss. Auch sollte das Gebiss an der gleichen Stelle im Pferdemaul sitzen, mit einem Abstand von 1-2 Fingern zum ersten Backenzahn. So verhinderst Du, dass das Gebiss den Zahn berührt, wenn die Zügel aufgenommen werden. Der einzige Unterschied zwischen Trensengebiss und der verschnallten Unterlegtrense ist also die Ringgröße und die geringere Stärke (Standard 12-14mm), um mehr Platz zu schaffen.

Da das Kandarengebiss weiter unten im Pferdemaul liegt, und somit an einer schmaleren Stelle, wird das Gebiss 0.5-1cm kleiner ausgewählt. Die Seitenteile sollten dicht an den Maulwinkeln abschließen, ohne einzuklemmen. So kann das Gebiss nicht kippen oder verrutschen. 

Die Stärke der Gebisse richtet sich nach dem Platz, den wir im Pferdemaul zur Verfügung haben. Bei kleinen Mäulern sollte die Stärke nie größer als 16mm sein. In Deutschland wird meist eine Kombination aus 14mm Unterlegtrense und 16mm Kandare verwendet. Bei besonders zarten kleinen Mäulern empfiehlt es sich auch das Kandarengebiss in 14mm zu wählen. 

Platzmangel im Pferdemaul

Die größte Herausforderung bei der Anpassung der Kandare stellt das Platzangebot im Pferdemaul dar. Denn bei der Kandarenzäumung müssen zwei Gebisse untergebracht werden, die weder sich noch Backen- oder Eckzahn berühren dürfen. Daher gilt: Je kürzer der Abstand zwischen diesen Zähnen und je kürzer die Maulspalte, desto achtsamer müssen die Gebisse ausgewählt und angepasst werden.

Kandare

Die größte Herausforderung bei der Anpassung der Kandare stellt das Platzangebot im Pferdemaul dar.

Welches Kandarengebiss soll ich wählen

Es gibt viele verschiedene Arten von Kandarengebissen und Unterlegtrensen aus denen gewählt werden kann. Ausführlichere Informationen zu den verschiedenen Arten von Mundstücken findest Du hier. Bei der Wahl von Kandare und Unterlegtrense sollten vor allem die anatomischen Gegebenheiten im Pferdemaul berücksichtigt werden. Schwierige Fälle haben meist eines der oben beschriebenen Probleme: einen kurzen Maulspalt und/oder wenig Platz zum Eck-/Backenzahn. In solchen Fällen liegen die beiden Gebisse relativ dicht beieinander und es ist wichtig darauf zu achten, dass sie sich keinesfalls berühren. Es gilt also besonders platzsparende Gebisse zu wählen. Ideal dafür sind Kandaren mit leicht gebogener Stange und höherer Zungenfreiheit, die nach vorne geneigt ist. Im Gegensatz zu einer geraden Stange schaffen diese Kandarenmodelle deutlich mehr Platz für die Unterlegtrense. Anatomisch geformte Unterlegtrensen, wie z.B. die Sprenger Dynamic RS Unterlegtrensen, sind zudem in Richtung der Kandare platzsparender als gerade Mundstücke.

Kandare

Die anatomisch geformte Unterlegtrensen „Sprenger Dynamic RS“

Pferde mit fleischiger Zunge oder die keinen Druck auf der Zunge mögen, laufen oft auf Kandarengebissen mit höherer und breiterer Zungenfreiheit zufriedener. Ein Beispiel dafür ist die Sprenger Bemelmans Kandare

Bei stärkeren Pferden kann eine gerade Stange das Abstoßen am Gebiss erleichtern und so eine feinere Verbindung schaffen. Auch hier gibt es Versionen mit verschieden stark ausgeprägten Zungenfreiheiten. 

Kandare

Für besonders sensible Pferde oder für Kandareneinsteiger eignet sich die Sprenger HO Kandare.

Für besonders sensible Pferde oder für Kandareneinsteiger eignet sich die Sprenger HO Kandare besonders gut. Die leicht nach vorne geneigte Zungenfreiheit bietet viel Platz im Pferdemaul, während der leichte Anstieg des Mundstücks direkt vom Seitenteil weg die Zungenränder entlastet und das Kandarengebiss besonders angenehm für das Pferd macht.

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