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Hengsthaltung: Anforderungen & Haltungsformen

von Pia Mross
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Lange wurde die Hengsthaltung klischeemäßig mit Einzelboxen, wenig Auslauf und so gut wie garkeinem Sozialkontakt verbunden. Doch besonders Hengste, die in der freien Natur dafür zuständig sind, ihre Herde im Blick zu behalten, leiden unter der Haltung in Abschottung und Isolation. Ansätze der modernen Hengsthaltung zeigen, dass auch Gruppenhaltung mit Hengsten unter bestimmten Bedingungen sehr gut umsetzbar ist und den Hengsten ein artgerechtes und durch Sozialkontakt geprägtes Leben ermöglichen.

Was muss man bei der Hengsthaltung beachten?

Hengsten kommt in freier Wildbahn die Aufgabe zu, ihre Herde im Blick zu behalten, vor Angreifern oder Konkurrenten zu schützen und die in der Herde lebenden Stuten zu decken. Im Gegensatz zu kastrierten Wallachen sind sie deutlich mehr von ihren Hormonen und Emotionen gesteuert und daher im Umgang gelegentlich etwas herausfordernder, als Stuten oder Wallache. Viele Leute schreckt dies ab, weswegen Hengste lange Zeit in ihrer Haltung von anderen Pferden abgeschottet worden sind, um mögliche Gefahrensituationen zu umgehen. 

Andere Hengste werden in der Natur als Konkurrenz betrachtet, die es zum Schutz der eigenen Herde und vor allem der Weitergabe der eigenen Gene zu bekämpfen und zu vertreiben gilt. Die Haltung mehrerer Hengste in einer Gruppe ist daher mit einigen Vorsichtsmaßnahmen verbunden, die es zu beachten gilt. Lassen sich jedoch alle nötigen Parameter erfüllen, steht einer modernen Hengsthaltung im Sinne des Pferdes nichts im Wege. 

Zu beachten ist ein ausreichendes Vorhanden sein von Auslauffläche, die richtige Gruppenzusammenstellung, etwas stabiler gebaute Zäune und Boxen, sowie, um den Stress für die Hengste maximal zu reduzieren, die Abwesenheit von Stuten. 

Pferd auf einer Wiese.

Wichtig ist ein ausreichendes Vorhanden sein von Auslauffläche für die Pferde.

Wie hält man einen Hengst?

Hengste benötigen, wie alle anderen Pferde auch, Beschäftigung, Auslauf und sozialen Kontakt zu anderen Pferden. Als artgerechteste Haltungsform empfiehlt sich die Kombination aus Weidegang in kleineren Gruppen am Tag und Sozialboxen in der Nacht. Hierdurch werden alle Bedürfnisse des Hengstes abgedeckt.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Hengsthaltung?

Eine generelle Herausforderung in der Haltung von Hengsten, besonders mehrerer Hengste zusammen, ist das nötige Fachwissen. Wer sich der Hengsthaltung annehmen möchte, benötigt viel Erfahrung und sollte diese Aufgabe nicht leichtfertig angehen. Zum einen ist es wichtig, die natürlichen Verhaltensweisen von Hengsten zu kennen, um diese in der durch Menschen bestimmten Haltung ebenfalls umsetzen zu können. Auch muss der Charakter eines Hengstes und das Verhalten mehrerer Hengste untereinander realistisch und mit geschultem Auge eingeschätzt werden können, um Gefahrensituationen zu vermeiden und eine Hengsthaltung in Ruhe und Freundschaft zu ermöglichen. 

Dazu kommt, dass die Gruppenhaltung von Hengsten viel Fläche benötigt. Die Weiden, auf denen die Hengste zusammenstehen, sollten ausreichend groß sein, damit genug Ausweichfläche vorhanden ist und kein Hengst in Bedrängnis geraten kann. Auch sollten die Hengste möglichst nicht in Hör-, Sicht- oder Riechweite von Stuten sein, da dies große Unruhe in die Gruppe bringen kann. In Abwesenheit von Stuten kommen Hengste auch in freier Natur in Gruppen zusammen. Besonders Junghengste wachsen nach der Trennung von ihrer Mutterstute in Junggesellenherden auf und trennen sich erst, wenn es an die Bildung einer eigenen Herde geht.

Wie gefährlich sind Hengste?

Hengste sind, im Vergleich zu Wallachen, deutlich mehr von ihrem Testosteron und den damit einhergehenden Emotionen geleitet. Sie sind jedoch grundsätzlich nicht gefährlich, ihre Haltung bedarf lediglich einiger anderer Maßstäbe als beispielsweise die Haltung eines Wallachs. Bei artgerechter Haltung und Auslastung lassen sich auch Hengste vollkommen problemlos händeln.

Haltungsformen für Hengste

Generell sollten Hengste, ebenso wie alle anderen Pferde, genügend Auslauf und, als Herdentiere, auch genügend soziale Kontakte haben, um ein artgerechtes und glückliches Leben führen zu können. Die Haltungsform eines Hengstes hat daher großen Einfluss auf sein Gemüt und sein Verhalten im Umgang mit dem Menschen. Isolierte Hengste in Einzelhaltung, im schlimmsten Fall auch noch ohne Auslauf, steigern die Unzufriedenheit und unerwünschtes Verhalten beim Hengst und sorgen im Umkehrschluss für einen deutlich schwerer zu händelnden Hengst. Zwei Haltungsformen haben sich in Untersuchungen der artgerechten Hengsthaltung der letzten Jahre auf Basis dieses Wissens als positiv bewährt: 

Sozialboxen 

Bei einer Sozialbox gibt es einen hinteren Bereich, der durch Bretter vollständig von der Nebenbox abgetrennt ist. Im vorderen Bereich jedoch befinden sich Trennstäbe mit rund 30 cm Abstand, die den Kontakt zum Boxennachbarn zulassen. Die Hengste, die nebeneinander liegende Boxen bewohnen, haben so die Möglichkeit, ihren Kopf zu ihrem Nachbarn zu stecken, Fellpflege zu betreiben, zu spielen oder gemeinsam zu fressen. Möchte der Hengst jedoch seine Ruhe, so kann er sich in den abgetrennten Bereich seiner Box zurückziehen. In einer Studie des Schweizer Nationalgestütes Avenches wurden Hengste in dieser Haltungsform zusammengetan und über einen längeren Zeitraum beobachtet. Dabei kam heraus, dass die Hengste nach einer rund zweistündigen Gewöhnungsphase die Möglichkeit zum sozialen Kontakt dankbar annahmen und es nicht, wie vielleicht erwartet, zu Kämpfen oder Verletzungen zwischen den Hengsten kam. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Boxenhaltung, bei der die Hengste nicht in direkten Kontakt miteinander treten können, ist dies eine erhebliche Verbesserung.

Pferd schaut aus seiner Box raus.

Sozialboxen ermöglichen Hengsten Sozialkontakte zu haben, welche sie auch gerne suchen.

Was ist der Unterschied zwischen Hengst und Wallach?

Als Wallach bezeichnet man ein männliches Pferd, das kastriert wurde und somit nicht mehr zeugungsfähig ist. Hierdurch sinken die Testosteronlevel des Tieres, was Wallache in der Regel etwas ruhiger macht und es ermöglicht, sie gemeinsam oder in der Nähe von Stuten zu halten. Dies ist mit Hengsten nicht möglich, da sie ihrer Natur entsprechend an der Deckung der Stute interessiert sind.

Gruppenhaltung auf der Weide

Wie auch bei Wallachen oder Stuten ist es möglich, Hengste in kleinen Herden auf der Weide zusammen leben und sich bewegen zu lassen. Pferde benötigen unheimlich viel freie Bewegungsmöglichkeit und Auslastung, sodass der tägliche Auslauf auf einer Wiese für jedes Pferd obligatorisch ist. Idealerweise wird die Boxenhaltung in normalen Boxen oder Sozialboxen nur nachts durchgeführt, während es tagsüber auf die Weide geht. Im Sommer können die Hengste auch 24 Stunden zusammen auf der Koppel bleiben und in Offenstallhaltung leben.

Bei der Zusammenstellung der jeweiligen Herde müssen die einzelnen Charaktere beachtet werden, damit es nicht aufgrund von Antipathien zwischen den Pferden zu Kämpfen kommt. Junge Hengste beispielsweise tun gut daran, einen etwas älteren Hengst oder Wallach in die Herde gesetzt zu bekommen, der die Erziehung der Gruppe übernehmen kann und als Ruhepol dient. Zudem sollte ein Hengst nicht ohne Eingewöhnungszeit in eine Hengstherde gestellt werden. In der Regel empfiehlt es sich, den neuen Hengst zunächst ein oder zwei Wochen auf einer benachbarten Weide unterzubringen, damit er die anderen Tiere über den sicheren Zaun hinweg kennenlernen und sich an sie gewöhnen kann. Bei ausreichend Platz, der richtigen Kombination an Charakteren und einer angemessenen Eingewöhnungszeit, können auch Hengste in der Regel entspannt in Herden zusammengehalten werden und ihrer sozialen Ader nachgehen. Dies sorgt für ausgelastete und zufriedene Hengste, die auch im täglichen Umgang mit dem Menschen deutlich entspannter sind.
 

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