Timo Ameruoso ist bekannt aus Funk und Fernsehen. Im Alter von 16 Jahren wurde sein Leben auf den Kopf gestellt, als er durch einen schweren Vespa-Unfall querschnitt gelähmt wurde. Doch trifft man Timo Ameruoso heute, merkt man schnell, dass der Pferdetrainer und -mediator Lebensenergie versprüht. Er insipiert durch seine unglaubliche und tiefgreifende Lebensgeschichte. Mit Passion und über einen einzigartigen Zugang trainiert er erfolgreich Pferde auf einem absolut artgerechten, revolutionären und wissenschaftlich fundierten Weg.
ehorses durfte Timo Ameruoso zum exklusiven Interview treffen.
Wie haben Pferde Dir bei Deinem Schicksalsschlag geholfen?
Timo Ameruoso: „Da ich aus dem Profisport komme und mein Unfall meine Pläne Profispringreiter zu werden durchkreuzte, begleiteten die Pferde mich auf dem Weg zurück in mein ‚normales Leben‘. Obwohl damals alle Ärzte mir die Diagnose gaben, dass ich es nie mehr aufs Pferd schaffen werde, fand ich einen Weg. Dabei haben mich meine Pferde nie geschont, sondern ganz im Gegenteil mich gefordert und mich weiterentwickelt. Rückblickend bin ich hierfür extrem dankbar, denn ich habe die zwei wichtigsten Komponenten direkt gelernt, die Pferde von uns brauchen – innere Kraft und innere Ruhe.“
Woher hast Du die Kraft genommen, um Dich so schnell wieder in den Sattel zu kämpfen?
Timo Ameruoso: „Aus der tiefen Liebe zu meinen Pferden. Nach meinem Unfall erkannte ich, dass es nicht wichtig ist, welche Farbe die Schleife trägt oder welche Wertnote man kassiert. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, kann ich heute sagen, dass dabei extrem viel Potenzial ungenutzt bleibt. Ich habe begonnen, mir ganz andere Fragen zu stellen. Zum Beispiel, wie schaffe ich es, dass mein Pferd intrinsische Entscheidungen trifft und sein Leistungspotenzial entfaltet – und das ohne Zwang oder Manipulation.“
Müssen Para-Reiter mehr trainieren als Reiter ohne Behinderung (Stichwort Kraft- oder Ausdauertraining, mentales Training, etc.)
Timo Ameruoso: „Natürlich habe ich von Anfang an sehr viel Kraftsport gemacht, um diese hohe Lähmung ab Brustbein ausgleichen zu können. Ich kann hierüber aber nicht sehr viel sagen, da ich nach einem kurzen Ausflug in den Para-Sport erkannte, dass ich hier auch keine weiteren Antworten finde, die in die Psyche des Pferdes (Verhaltens- oder Denkmuster) münden oder sich mit der Hirnmechanik des Pferdes befassen.“
Wie hast Du nach Deinem schweren Reitunfall den Weg zurück zu Pferden gefunden?
Timo Ameruoso: „Ich erkannte sehr schnell, dass mein ursprünglicher Weg, mit Pferden umzugehen, für mich nicht mehr umsetzbar war. Einmal schnell zur Seite springen, einmal kurz festhalten oder mitlaufen war unmöglich geworden. Daraus entstand für mich die wertvollste Frage: Wenn ich es nicht mehr schaffe den Körper meines Pferdes zu kontrollieren, wie schaffe ich es dann mein Pferd im Kopf für mich zu gewinnen. Dies war der Weg zur intrinsischen Potenzialentfaltung über die ultimative Beziehung. Frei von sämtlichen Hilfsmitteln, die sich der Mensch hat einfallen lassen, um Pferde dahin zu bekommen, wo man sie haben möchte.“
Wie bist Du zum Pferdetrainer Timo Ameruoso geworden? Hast Du eine besondere Ausbildung als Pferdetrainer absolviert?
Timo Ameruoso: „Mein Weg zum Pferdemediator war für mich kein Weg, um Pferdetrainer zu werden. Ich hatte nie dieses Ziel oder die Absicht. Ich liebte meine Pferde und beschloss sie von Beginn an immer frei zu trainieren. Natürlich war der Anfang geprägt von vielen Seminaren und Schulungen bei allen Pferdegrößen, die man damals kannte. Eins hatten alle gemeinsam: Keiner konnte mir meine Fragen beantworten, die ich mit meinem Pferd nach unserem Unfall hatte. So begann meine Suche in sämtlichen Disziplinen außerhalb der Pferdewelt. Ich beschäftigte mich viel mit Psychologie, Neurobiologie, Sportwissenschaften und sprach mit sämtlichen Größen in diesen Feldern. All dies integrierte ich in meine Methode und erreichte unvorstellbare Ziele. Mein Hengst Paolo legt sich völlig frei hin, wartet und bleibt liegen bis ich aufgesessen bin und steht gemeinsam vollkommen frei ohne Halfter mit mir auf. Ich kann ihn ohne Halfter und Zügel reiten. Natürlich verbreitete sich diese Leistung von Paolo, vor allem deshalb, weil ihn jeder kannte als den charakterstarken und selbstbewussten Hengst, der mich zu Beginn auch oft im Regen stehen ließ. Aufgrund der vielen positiven Kundenergebnisse und großen Begeisterung entstand und wuchs mein heutiges Unternehmen vollkommen organisch.“
Was macht Dein Pferdetraining so besonders und wie läuft dieses ab?
Timo Ameruoso: „In einem Fernsehbeitrag meinte eine Reporterin (die selbst erfolgreiche Springreiterin ist): ‚Timo, Du bist absolut Deiner Zeit voraus und einzigartig in dem, was Du tust!‘ Von der Richtigkeit dieser Aussage kann sich gerne jeder ein eigenes Bild machen. Ich beobachte Pferde ganz genau und schau mir ihr Verhaltens- und Denkmuster an. Welche Schutzreflexe sind aktiv, in welchen Situation und in welcher Intensität. Welche Symptome zeigt das Pferd und welche Ursachen liegen dahinter. Wir arbeiten ausschließlich an den Ursachen und entwickeln Pferde in ihrem Charakter, in ihrer Persönlichkeit, in ihrem Denken und Verhalten weiter. So entstehen diese unglaublichen Geschichten, dass Pferde plötzlich von alleine in den Hänger gehen – ohne Hängertraining! Manche von uns trainierte Pferde werden vom rangniedrigsten Tier zum Herdenchef. Pferde, die panische vor Plastikplanen haben, traben nach dem Training alleine darüber, als hätten sie nie etwas anderes gemacht – ohne Gelassenheitstraining! Hierbei geht es nicht darum, andere Techniken und Methoden schlecht zu machen! Ich beobachte aber, dass mit den Pferden viel zu viel geübt und konditioniert wird und dass die Methoden, so unterschiedlich sie scheinen, doch im Kern gleich sind. Hier hat die Neurowissenschaft bereits ganz andere Ansätze.“
Was ist die besondere Herausforderung bei Deinem Training? (In Bezug auf Deine körperliche Einschränkung)
Timo Ameruoso: „Es gibt keinerlei besondere Herausforderung – ganz im Gegenteil. Die Kunden sagen oft, es ist eigentlich so einfach und zugleich so effektiv! Und das ist genau richtig, denn es muss immer einfach sein. Die ganze Natur ist auf Einfachheit und Effizienz ausgerichtet. An einem Grashalm muss man nicht ziehen – er wächst von alleine. Jeder kann diese Methode erlernen und es sind keine Voraussetzungen notwendig. Ich erlebe extrem engagierte Pferdebesitzer, die enorm viel Zeit (und auch Geld) aufwenden, um mit ihrem Pferd an den Zielen zu arbeiten. Viele beschreiben: Habe ich das eine gelöst, tritt eine neue Herausforderung auf. Oder: Mein Pferd ist immer wieder verletzt und ich komme nicht vorwärts. Aus diesen Kreisläufen befreien sich die Kunden mit ihrem Pferd selbst, denn unser höchster Wert lautet „Jeder der seine Ziele mit seinem Pferd erreichen möchte, der muss selbst den Weg mit seinem Pferd erlernen und gehen.“ Wir leisten quasi ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘. Es bringt den Kunden nichts, wenn ich oder mein Team die Pferde trainieren. Wir möchten die Kunden unabhängig machen und nachhaltig an ihr Ziel bringen. Zudem werden wir nur gemeinsam das Wohl der Pferde verbessern können, wenn die Menschen selbst wissen, wie ihr Pferd im Verhalten und Denken funktioniert. Hierzu MUSS der Pferdewelt klar werden, dass sie sich auf uraltes, längst veraltetes Wissen bezieht.“
Instagram Takeover mit Timo Ameruoso
Timo Ameruoso gibt am 29.10.2022 exklusive Einblicke in seinen Alltag und seine Arbeit in der ehorses Instagram Story. Ein Blick in unsere Social-Media-Kanäle lohnt sich also!
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