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Stress bei Pferden – Warum das vor allem auf den Magen schlägt

von Michelle Holtmeyer
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Wir alle wollen, dass es unseren Lieblingen gut geht. Doch oftmals haben unsere Pferde Stress, der durch verschiedene Ursachen ausgelöst wird – häufig hat das etwas mit dem empfindlichen Magen der Pferde zu tun. Wie Du genau erkennst, dass Dein Pferd Stress hat, warum Stress unseren Lieblingen auf den Magen schlägt und welche (Fütterungs)-Tipps wir für gestresste Pferde haben, erfährst Du in diesem Artikel.

Stress bei Pferde – Was ist das?

Das Fluchttier Pferd ist von Natur aus stressempfindlich. Stress aktiviert den Fluchtinstinkt, der es in der Natur vor Fressfeinden oder bedrohlichen Situationen bewahrt hat. Dieses Verhalten ist von Pferd zu Pferd unterschiedlich stark ausgeprägt. Was das eine Pferd stresst, kann für das andere eine Lappalie darstellen.

Unterschieden wird grundsätzlich zwischen akutem und chronischem Stress. Die Hormone Adrenalin und Noradrenalin versorgen das Pferd in akuten Stresssituation mit Energie, welche eine schnelle Flucht ermöglicht. Hält eine Belastungssituation länger an oder ist das Pferd dauerhaft unter Anspannung, kann chronischer Stress entstehen, der für das Pferd meist gesundheitliche Folgen hat. Stress erhöht die Magensäureproduktion, welche die Magenschleimhaut reizt und bereits nach 24 bis 48 Stunden zu schmerzhaften Magengeschwüren führen kann.

Wie äußert sich Stress bei Pferden?

Stress äußert sich bei jedem Pferd anders. Oftmals zeigen gestresste Pferde ein ängstliches, aggressives oder unruhiges Verhalten.

Auslöser und Ursachen für Stress bei Pferden

Es kann natürlich verschiedene Auslöser geben, warum Pferde unter Stress leiden. Nachfolgend beschreiben wir kurz die häufigsten Ursachen.

Ernährung

Obwohl Pferde schon seit ca. 5.000 Jahren domestiziert sind, hat sich der sensible Magen-Darmtrakt der Pferde, unabhängig von der Nutzung als Freizeit- oder Turnierpferd, kaum verändert. Das Steppentier Pferd ist auf die stetige Aufnahme von Rohfaser angewiesen. Pferde produzieren kontinuierlich Magensäure, welche für die Verdauung des Futters notwendig ist. Raufutter wird deutlich intensiver gekaut als Kraftfutter, was dazu führt, dass mehr Speichel produziert wird, der wiederum Bicarbonat, einen natürlichen Magensäurepuffer, enthält. Steht Deinem Pferd nicht ausreichend Raufutter, wie z.B. Heu von guter Qualität zur Verfügung, kann dies dazu führen, dass die Magensäure nicht ausreichend gepuffert wird und die sensible, drüsenlose Magenschleimhaut reizt. Magengeschwüre können die Folge sein. Ein weiterer Aspekt ist die Beschäftigung durch die Raufutteraufnahme. Pferde sind deutlich länger mit dem Fressen von Raufutter beschäftigt, als mit dem Fressen von Kraftfutter.

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Raufutter wird von Pferden deutlich intensiver gekaut als Kraftfutter

Neben der Grundfutterversorgung hat auch der Mineralhaushalt einen Einfluss auf die Stressempfindlichkeit des Pferdes. Mineralien sind heutzutage meist nicht mehr ausreichend im Raufutter enthalten, sodass ein ausgleichendes Mineralfutter supplementiert werden sollte.

Am Beispiel von Magnesium lässt sich schnell erkennen, welchen Einfluss ein Mineralmangel  auf die Pferdegesundheit und die Stressempfindlichkeit haben kann. Magnesium ist für die Reizweiterleitung verantwortlich. Es sorgt gemeinsam mit der Aminosäure L-Tryptophan für die Bildung des Hormons Serotonin, welches wiederum für Wohlbefinden und Ruhe im Pferdekörper zuständig ist. Fehlt dem Pferd Serotonin, ist es schneller gereizt oder übersensibel. Darüber hinaus sind auch Vitalstoffe wie Zink, Kobalt oder Mangan Co-Faktoren diverser Stoffwechselvorgänge, die in Zusammenhang mit der psychischen Belastbarkeit und Nervenstärke stehen.

Unterschiedliche Haltungsformen

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Steht ein Pferd nur in der Box, ist es oft gestresst.

Pferde sind neben Steppen- auch Bewegungstiere. Das bedeutet sie brauchen möglichst viel freie Bewegung und dauerhaft Zugang zu raufaserreichem Futter, Wasser, Licht, frische Luft, Kontakt zu Artgenossen und einen Platz um sich auszuruhen zu können. Können Pferde ihr natürliches Verhalten nicht ausüben, kann dies zu Stress führen, der sich z.B. auch in Stereotypien äußert. Stress kann sowohl in der Boxen- als auch in der Gruppenhaltung entstehen. Boxenpferde können durch dauerhaften Betrieb in der Stallgasse, ein dudelndes Stallradio oder einen ungeliebten Boxennachbarn gestresst werden. In der Gruppenhaltung sind es eher Rangkämpfe innerhalb der Herde oder ein mangelndes Liegeplatzangebot, die den Pferden Stress bereiten. Besonders der Schlaf hat einen großen Einfluss auf das Wohlbefinden des Pferdes. Leidet Dein Pferd unter Schlafmangel, kann Stress die Folge sein.

Veränderungen in der täglichen Routine

7:00 Uhr Raufutter,
8:00 Uhr Kraftfutter,
9:00 Uhr geht es auf die Weide,
14:00 Uhr geht es wieder in den Stall,
17:00 Uhr wird trainiert,
18:30 Uhr gibt es Raufutter,
19:30 Uhr gibt es Kraftfutter,
21:00 Uhr ist Stallruhe.

Solche täglichen Zeitpläne geben Pferden Struktur und Sicherheit. Werden Abläufe immer wieder verändert, entsteht Stress, z.B. wenn Pferde nicht in derselben Reihenfolge auf die Weide gebracht oder gefüttert werden. Noch gravierender ist die Veränderung bei einem Umzug, einem Besitzerwechsel oder der Zusammenstellung einer neuen Herde. Auch eine Turnierteilnahme kann mit Stress verbunden sein, das fängt bei manchen Pferden bereits bei der Hängerfahrt an. Häufig bist Du als Reiter:in selbst auch angespannt, dieses überträgt sich dann auf Dein Pferd, welches somit ebenfalls nervöser werden kann.

Verletzungen

Ist ein Pferd verletzt, entsteht ebenfalls Stress. Zum einen durch die oftmals akuten Schmerzen, unter denen das Tier leidet. Denn vor allem innere Verletzungen an den Gelenken, aber auch Krankheiten an Organen, vor allem im Bereich des Magens, sind für uns Menschen nicht zu erkennen, bereiten unseren vierbeinigen Lieblingen aber enorme Beschwerden. Zum anderen sind mit einer Verletzungen zahlreiche Folgen verbunden, denn nicht selten müssen unsere Pferde dann im Stall bleiben und dürfen nicht auf die Wiese oder zum Training. Das führt zu Langeweile, Einsamkeit oder auch Verlustängsten– und langfristig eben auch zu Stress.

Überforderung/Unterforderung

Pferde können auch Stress entwickeln, wenn sie beim Reiten oder im Stallalltag über- oder unterfordert werden. Eine Überforderung tritt ein, wenn beispielsweise Du als Reiter:in zu viel von Deinem Pferd verlangst. Gerade junge Pferde sollten behutsam an alles herangeführt werden und möglichst positive Erfahrungen machen. Überforderung hat Widerwillen, Angst und Muskelverspannungen zur Folge. Eine Unterforderung z.B. im Training kann zu Unarten, aufgrund von Langeweile und Antriebslosigkeit führen.

Wie merke ich, dass mein Pferd überfordert ist?

Ist Dein Pferd überfordert, ist es schneller gestresst und zeigt sich widerwilligt oder ängstlich.

Pferd hat Stress – Symptome & Anzeichen

Pferde zeigen unterschiedliche Stresssymptome. Du als Besitzer kennst Dein Pferd am besten. Eine regelmäßige Beobachtung des Verhaltens ist sinnvoll, damit Du schnell reagieren und vielleicht Schlimmeres vermeiden kannst. Ein paar konkrete Anzeichen für Stress beim Pferd haben wir hier für Dich zusammengestellt:

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    Ängstliches, aggressives oder unruhiges Verhalten können Anzeichen für Stress sein.

    • Ängstliches, aggressives oder unruhiges Verhalten
    • Verminderte/Fehlende Konzentration beim Reiten
    • Erhöhte Schreckhaftigkeit
    • Schlagen mit dem Schweif
    • Schwitzen (in Ruhe)
    • Vermehrtes Wiehern
    • Zähneknirschen
    • Ungewöhnliches Fressverhalten (z.B. Appetitlosigkeit)
    • Häufige Erkrankungen durch ein schwaches Immunsystem
    • Durchfall oder Kotwasser
    • Leichte Koliken
    • Magenschleimhautreizungen
    • Magengeschwüre
    • Stereotypien (Koppen, Weben, etc.)

Wo diese Anzeichen von Stress auftreten, ist jedoch immer unterschiedlich. Einige Pferde zeigen sich in ihrer Box besonders unruhig, andere sind auf der Stallgasse nicht mehr sie selbst – je nachdem, was der Auslöser des Stresses ist.

Stress schlägt Pferden auf den Magen

Ein kurzer Exkurs in die Anatomie: Der Magen ist grob unterteilt in zwei Zonen. Die drüsenhaltige Schleimhaut befindet sich im unteren Teil des Magens und ist vor der Magensäure geschützt. Im Normalfall gelangt keine Magensäure in den drüsenlosen, schutzlosen, oberen Teil des Magens. Wird die Magensäure allerdings nicht ausreichend abgepuffert oder ist besonders viel Magensäure enthalten, kann die Magensäure in Bewegungen, z.B. beim Reiten, “überschwappen” und die drüsenlose Schleimhaut reizen oder gar schädigen. Schmerzhafte Magengeschwüre sind die Folge. Heutzutage haben ca. 50 % der Fohlen, 40 % der Freizeitpferde, 60 % der Turnierpferde und 90 % der Rennpferde Magengeschwüre, somit ist im Durchschnitt jedes zweite Pferd betroffen.

Magensäureüberschuss durch Stress

Magensäure ist für das Pferd sehr wichtig, denn sie sorgt unter anderem für die Abtötung von Keimen und nicht erwünschten Bakterien im Futter. Neben dieser kontinuierlichen Magensäureproduktion kann es zu einer stressbedingten Säurebildung kommen. Durch das Stresshormon Cortisol wird die Magensäureproduktion zusätzlich angeregt, sodass ein Säureüberschuss entsteht, der die Magenschleimhaut reizt und bereits nach 24 bis 48 Stunden Magengeschwüre verursachen kann. Diese Geschwüre bereiten Pferde meist große Schmerzen, die wiederum zu Stress führen – ein Teufelskreis!

Doch nicht nur der Magen wird durch die Magensäure gereizt. Der, mit Säure durchfeuchtete, Futterbrei gelangt aus dem Magen übersäuert in den Darm. Die Mikroben, die das Futter im Darm verdauen, können aufgrund des zu hohen pH-Wertes nicht ihre volle Wirkung entfalten oder sterben im schlimmsten Falle sogar ab. Die Folge: Eine gestörte Darmflora, die Verdauungsstörungen, Durchfall, Blähungen und Kotwasser zur Folge hat.

Dein Pferd hat Stress? So reagierst Du richtig!

Du glaubst, dass Dein Pferd unter Stress leidet und willst etwas dagegen tun? Vorweg – wenn Du vermutest, dass Dein Pferd stressbedingt bereits gesundheitliche Probleme hat, solltest Du unbedingt einen Tierarzt/eine Tierärztin kontaktieren, der Deinen Liebling einmal untersucht.

Natürlich gibt es aber auch einige Sachen, die Du als Reiter:in selbst tun kannst, damit Dein Pferd weniger Stress hat. Wichtig ist, dass Du stets viel Geduld mitbringst und Dich nicht von Deinem Pferd stressen lässt – denn das merken unsere empfindlichen besten Freunde sofort und können dadurch selbst noch gestresster werden.

Konkret haben wir folgende Tipps für Dich:

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Besonders Raufutter sollte Deinem Pferd immer zur freien Verfügung stehen.

  • Achte auf die Fütterung: Für ein Pferd ist eine ausgewogene Ernährung von hoher Wichtigkeit. Besonders Raufutter sollte Deinem Pferd möglichst immer zur freien Verfügung stehen.
  • Beschäftige Dein Pferd: Auch Langeweile kann ein Auslöser für Stress sein. Gib Deinem Pferd also möglichst viel Bewegungsanreiz.
  • Schaffe Routinen: Wie bereits erwähnt, sind Pferde Gewohnheitstiere. Je mehr Routinen Du im Pferdealltag integrierst, desto sicherer wird sich Dein Pferd fühlen.
  • Beobachte das Verhalten Deines Pferdes: Reagiert Dein Pferd gestresst in seinem Umfeld? Versteht es sich mit seinem Boxennachbar oder Herdenmitgliedern?
  • Schaffe positive Assoziationen: Belohne Dein Pferd regelmäßig, damit es bestimmte Situationen (z.B. Hängerfahren) mit etwas Gutem verbindet.
  • Bewahre Ruhe: Bleibe selber immer gelassen, um Deinem Pferd mehr Ruhe zu vermitteln. Denn bist Du nervös, merkt Dein Pferd das häufig sofort.

Fütterungstipps für gestresste Pferde

Die Fütterung spielt eine große Rolle bei der Gesunderhaltung Deines Pferdes. Raufutter, z.B. Heu von guter Qualität ist neben Wasser das wichtigste Futtermittel, was Deinem Pferd möglichst immer zur freien Verfügung stehen sollte. Außerdem können Pferde einen Großteil ihres täglichen Energiebedarfs über Raufutter decken. Dauernde Futterumstellungen solltest Du vermeiden, da sich die Darmmikroben immer wieder auf die neue Nahrung einstellen müssen. Du kannst Deinem Pferd also aktiv helfen und zum Wohlbefinden beitragen, z.B. auch indem Du mit einem Supplement den sensiblen Magen unterstützt.

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