Home Pferdesport „Reiten verlernt man nicht!“ – Tipps für den Wiedereinstieg

„Reiten verlernt man nicht!“ – Tipps für den Wiedereinstieg

von Ann-Christin Villnow
4 Kommentare

Fast jeder Reiter macht in seinem Leben mal mehr oder weniger lange Pausen vom Reitsport. Sei es aus gesundheitlichen, arbeitstechnischen oder privaten Gründen. Manchmal ist es nur eine Grippe oder ein gezerrter Muskel, weswegen man ein oder zwei Wochen nicht in den Sattel steigen kann, aber manches Mal dauert die Reit-Abstinenz auch länger an und kann sich über Monate oder sogar Jahre erstrecken.

Wenn man dann nach einer mehr oder minder langen Pause die Fühler wieder in Richtung Reitstall ausstreckt, bekommt man von anderen Reitern häufig ein und denselben Spruch zu hören: „Reiten ist wie Fahrrad fahren, das verlernt man nicht!“

Wiedereinstieg beim Reiten: Ist das wirklich so einfach?

Kann man nach Monaten einfach so wieder in den Sattel steigen und losreiten, als wäre nie etwas gewesen? Ich hatte in meinem bisherigen Reiterleben immer mal wieder Unterbrechungen. Meine längste Pause betrug 8 Monate – und ich hatte schon das ein oder andere Wehwehchen bei meinem Wiedereinstieg. Aus diesem Grund möchte ich heute darüber schreiben, was dran ist am Verlernen und Nicht-Verlernen. Und euch ein paar Tipps und Tricks mitgeben, wie ihr euch einen Wiedereinstieg erleichtern könnt.

Grundsätzlich lässt sich sagen: Es stimmt schon, Reiten verlernt man nicht. Ähnlich wie beim Fahrradfahren oder Schwimmen verfestigen sich die Bewegungsmuster, die wir beim Reiten ausführen. Mit der Zeit und durch Wiederholung und sorgen sie dafür, dass wir nach einer längeren Pause nicht wie ein blutiger Anfänger auf dem Pferd herumhopsen.

Unser Gehirn und unser Körper „erinnern“ sich an die Bewegungsabläufe im Sattel

Allerdings kann unser Gehirn die reiterlichen Bewegungen nur abspeichern, wenn wir sie zuvor lange und intensiv genug geübt haben. Wer also als Reitanfänger nach wenigen Wochen Reiten bereits eine längere Pause einlegt, muss wieder von vorn beginnen. Der Mensch ist eben doch ein Gewohnheitstier und lernt durch Wiederholungen!

Wie läuft es nun ab, das erste Mal Reiten nach einer langen Pause? Aus Erfahrung kann ich berichten: Anstrengend! Unser Kopf mag sich daran erinnern, was wir einmal alles konnten und unser Körper kennt die Abläufe. Unsere Muskeln hingegen vergessen schnell, was sie früher mühelos gemacht haben.

Muskeln, die nicht genutzt und trainiert werden, verlieren an Kraft

Wer also ohne einen sportlichen „Ersatz“ den Reitsport unterbricht, verliert schnell die notwendigen Muskeln – das Treiben fällt plötzlich doppelt so schwer, beim Aussitzen fühlt man sich wie ein Wackelpudding und die Beine hängen kraftlos herunter. Man fühlt sich schrecklich schwach und ziemlich unproduktiv. Denn an effektive Hilfengebung ist nicht zu denken. Ähnlich verhält es sich auch mit der Kondition. Nach einer längeren, sportlichen Pause kommen wir schnell aus der Puste und fühlen uns kurzatmig. An einen stundenlangen Ausritt  oder längere Galopp-und Trabarbeit ist nicht zu denken…

Welchen anderen Sport kann ich während der Pause ausüben?

Hilfreich kann es daher sein, bei einer reiterlichen Pause einen anderen Sport auszuüben, um Muskelkraft und Kondition zu erhalten. Natürlich müsst ihr nicht 6 Tage in der Woche ins Fitnessstudio rennen und Gewichte stemmen. Aber mit einer gewissen Grund-Kondition und ein paar einfachen Übungen zur Muskelstärkung könnt ihr euch den Wiedereinstieg erheblich erleichtern!

Wenn ihr aus gesundheitlichen Gründen, beispielsweise aufgrund einer Verletzung, auf den Reitsport verzichten musstet, kann es hilfreich sein, nicht direkt wieder in den Sattel zu steigen, sondern zuerst ein paar Tage oder Wochen Kräftigungs- und Ausdauerübungen zu machen. Sicherlich ist es verlockend, sofort wieder auf den Pferderücken zurückzukehren, aber man darf nicht vergessen, dass wir mit einem anderen Lebewesen zusammenarbeiten und unseren Körper für eine Kommunikation aus dem Sattel heraus unter Kontrolle haben müssen. Nicht jedes Pferd ist so gutmütig und ausgeglichen wie ein Schulpferd und mancher Vierbeiner reagiert auf fehlerhafte Hilfengebungen möglicherweise heftiger. Fehler, Missverständnisse oder gar Stürze können vermieden werden, wenn wir unseren Körper ein wenig vorbereiten und trainieren.

Doch nicht nur das Physische ist wichtig…

Gleichzeitig muss man beachten, dass durch eine längere Pause die Beziehung zum Partner Pferd leiden kann. Dinge, die früher nie Probleme bereitet haben, können nun aufgrund fehlenden Vertrauens oder zögerlichen Handels schwierig oder sogar gefährlich werden. Es kann helfen, sich zunächst vom Boden aus mit (s)einem Pferd zu beschäftigen, um erst einmal wieder in die „Materie Pferd“ zurückzugelangen.

Nun ist es also soweit: Das erste Mal Reiten steht an!

Voller Vorfreude geht es in den Sattel. Läuft doch eigentlich ganz gut! Der Blick in den Spiegel zeigt ein glückliches Gesicht – und einen schiefen Reiter. Huch? Saß ich eben auch schon so? Fühlte sich eigentlich gerade an…

Fehler schleichen sich immer schnell ein, auch beim regelmäßigen Reiten. Viele Dinge kann man erfühlen oder bei einer kritischen Betrachtung selbst beheben, andere Probleme lassen sich am besten mithilfe eines Trainers lösen. Nach einer reiterlichen Pause fehlt es allerdings häufig am notwendigen Körpergefühl und Fehler im Sitz schleichen sich schneller ein, als einem lieb ist.

Ich kann aus eigener, leidvoller Erfahrung sagen: Reitet nach Möglichkeit besonders bei einem Wiedereinstieg regelmäßig bei einem qualifizierten Trainer Unterricht, damit ihr euch einen fehlerhaften Sitz gar nicht erst angewöhnt! Wer einmal einen nach vorne kippenden Oberkörper, ein zu weit hinten liegendes Bein oder ein Abknicken in der Hüfte als „normal“ empfindet und seine Fehlhaltungen nicht mehr selbst bemerkt, der wird ganz schön zu tun haben, um diese Fehler im Nachhinein zu beheben (wir erinnern uns an den Punkt mit dem Lernen durch Wiederholung!). Habt ihr hingegen ein kritisches Augenpaar an eurer Seite, können Fehler in den ersten Stunden des Wiedereinstiegs bereits korrigiert werden – euer Sitz und somit auch euer Pferd werden es euch danken!

Nicht ganz außer Acht lassen sollte man übrigens auch das Wiedereinstiegs-Pferd

Ein „Lehrmeister“, der sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt und auch bei einem etwas holprigen Aussitzen in der Anfangszeit nicht die Nerven verliert, ist besser für euren Wiedereinstieg geeignet, als der junge Dressurnachwuchs, der bei jeder unpräzisen oder zu starken Hilfe schnell in die Luft geht. Wer nicht auf dem eigenen Pferd wiedereinsteigt, sondern sich auf die Suche nach einer Reitbeteiligung machen muss, sollte bei der Kontaktaufnahme auch offen und ehrlich erklären, dass man Wiedereinsteiger ist, damit der Besitzer des Pferdes entscheiden kann, ob sein Pferd für euch geeignet ist oder nicht.

Alles in allem kann man sagen: Die anderen Reiter haben Recht mit ihrer Aussage und man kommt mit ein wenig Vorbereitung schneller wieder „rein“, als man anfangs gedacht hat. Mit etwas Unterstützung, Fleiß und Zeit kann man recht flott an vorherige Reitkünste anschließen. Also traut euch und schwingt euch erneut in den Sattel!

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4 Kommentare

Skletti 27. Juni 2016 - 20:29

Bei einem Wiedereinstieg nach vielen Jahren muss man sich auch nicht schämen, sich vom Trainer mal an die Longe nehmen zu lassen – z.B zwecks Sitzschulung, oder auch einfach, um sich sicherer zu fühlen. Beim Umgang mit Pferden lernt man nie aus, das betrifft nicht nur das Reiten. Lasst euch ruhig mal was sagen. Aber ihr dürft Hinweise auch hinterfragen: steckt nur dummes Gerede oder fundiertes Fachwissen dahinter. Ich kann nur raten: fragt nach. Z.B.: „wie kann ich den „Fehler“ verbessern, was sollte ich verändern, oder einfach: was denkst du, mach ich falsch?“
Manchmal ist es gut, einen Trainingsschritt zurückzugehen bzw. noch kleinschrittiger aufzubauen.
Hauptsache, ihr lasst euch den Spaß nicht verderben!

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Jackie 2. Februar 2017 - 23:25

Nach meiner langen pause( ca. 1,5 Jahre ) hat mir sehr geholfen das ich im gleichen Reitstall wieder anfangen könnte wo ich Jahre zuvor das reiten gelernt hatte. Da es eine kleine Reitschule war kannten mich die Besitzerin und die Reitlehrerin noch und freuten sich mich wieder zu sehen. Dadurch hatte ich gleich von Anfang an das Gefühl wieder “ zu hause“ zu sein…. beim erstem mal hab ich dann auch nur einen gemütlichen Bummel Ritt ins Gelände gemacht ( fast nur Schritt) und die Stall Besitzerin ist neben her gelaufen und hat mir ein paar tips gegeben …. dadurch dass keine fremden dabei waren hatte ich dann auch nicht das Gefühl konisch angestarrt zu werden und auch keine Hemmungen noch mal nach zu fragen……

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Anonymous 25. Mai 2017 - 22:14

Nach 8 Monaten Pause ist man ein Wiedereinsteiger?

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Equus Domesticus 25. Mai 2017 - 22:15

Nach 8 Monaten Pause ist man schon ein Wiedereinsteiger?

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