Eigentlich ist es so einfach – und doch so schwer: Die artgerechte Pferdehaltung. Die meisten Pferde in Deutschland stehen immer noch in Boxenhaltung. Auch wenn viele Stall- und Pferdebesitzer inzwischen auf mehrstündigen Weidegang in Herdenhaltung achten, verbringen viele Pferde immer noch einen Großteil des Tages (und vor allem der Nacht) in ihrer Box. Für viele Pferde macht das auch Sinn: Hier können sie zur Ruhe kommen (gerade rangniedrigere Pferde können hier über Nacht in Ruhe fressen) und sind vor Wind und Wetter geschützt. Aber in Wahrheit haben viele Ställe immer noch einen negativen Einfluss auf die Gesundheit vieler Pferde. Hier findet ihr eine kurze Checkliste, woran ihr einen guten Pferdestall erkennt.
Die Pferde können auch in den Boxen mit Artgenossen Kontakt aufnehmen
Viele Ställe separieren Pferde völlig voneinander – z.B. mit Trennwänden aus Gitter oder sogar komplett aus Holz, so dass nicht einmal Sichtkontakt möglich ist. Auch wenn dies bei manchen aggressiven (z.B. bei der Fütterung) oder reizbaren Pferden notwendig ist, genießen die meisten Pferde die Möglichkeit, durchgängig mit ihren „Nachbarn“ zu interagieren. Pferde sind Herdentiere und daher von Natur aus sehr soziale Lebewesen – allein schon Sichtkontakt zu anderen Pferden kann ihnen helfen, Stress zu reduzieren.
Gitterboxen sind leider immer noch oft Standard in deutschen Ställen
Ausreichend Lüftung im Stall
Viele Ställe sind aufgrund ihrer Konstruktion schlecht belüftet – dies ist gerade in den heißen Sommermonaten, aber auch an sehr eisigen Wintertagen schlecht für die empfindlichen Atemwege der Pferde. Staub, Ammoniak von schlecht gemisteten Boxen und „stehende“ Luft reizen das Atmungssystem und machen Pferde angreifbarer für Atemwegserkrankungen. Paddockboxen, Fensterboxen und Lüftungsschlitze oberhalb der Boxen sorgen für eine gute Luftzirkulation. Wichtig ist jedoch, dass gerade im Winter kein Durchzug entsteht. Dieser ist für Pferde genauso gefährlich wie für Menschen.
Pferdefütterung vom Boden aus
Wenn es möglich ist, fütter dein Pferd vom Boden aus – sowohl das Kraft- aus auch das Raufutter. Diese Haltung entspricht der natürlichen Haltung eures Pferdes und ist am besten für dessen Bewegungsapparat. Das Skelett des Pferdes ist für das Grasen ausgelegt. In der freien Natur grasen Pferde ungefähr 16 Stunden am Tag. Das Pferd steht dabei entspannt und mit gesenktem Kopf, was für den Organismus des Pferdes am energieeffizientesten ist. Ist der Kopf gesenkt, schiebt sich der Unterkiefer leicht nach vorne. Die ersten beiden Halswirbel sind entspannt. Das ist die optimale Ausrichtung, da alle Muskeln entspannt sind und keine muskuläre Anstrengung stattfindet. Außerdem richtet sich das Schulterblatt auf und stabilisiert das ganze Skelett. So kann das Nackenband (die Faszien) den ganzen Kopf halten, da sich das Pferd regelrecht in sein Nackenband reinhängen kann. Es gibt keine Gelenke, die in dieser Position vermehrt belastet werden.
Bereitstellung einer großen Box
Je größer die Box, desto besser! Klingt ganz einfach, oder? In vielen Ställen sind die 4 x 4 Meter Boxen jedoch immer noch der Standard. Gerade für Großpferde sind solche Boxen viel zu klein auf Dauer. Die Wendungen auf engem Raum und die geringen Möglichkeiten der Bewegung wirken sich schlecht auf den Bewegungsapparat aus. Arthrose und ähnliche Erkrankungen der Gelenke werden so begünstigt. Eine große Box oder sogar Paddockbox fördern die Bewegung eures Pferdes und damit auch dessen Verdauung. Viele Pferdebesitzer schwören deshalb auf die Unterbringung ihres Pferdes in einem Offenstall oder Aktivstall.
Ein sauberer Pferdestall
Wenn Pferde viel und lange in der Box stehen, stehen sie vor allem viel und lange in Mist und Urin. Schlecht gemistete Boxen können nicht nur für Atemwegserkrankungen verantwortlich sein, die Bakterien im Kot und Urin können auch Huf- und Hautkrankheiten wie z.B. Strahlfäule oder Mauke verursachen. Das tägliche Misten ist daher unglaublich wichtig!
So viel Tageslicht wie möglich
Gerade im Winter können Ställe geradezu stockdunkel sein. Bei den bereits oben erwähnten Paddock- und Fensterboxen ist nicht nur die Luftzirkulation gewährleistet, sondern auch das Tageslicht. Auch Deckenfenster helfen, den Stall hell zu halten.
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Vielen Dank für die Tipps zum artgerechten Pferdestall. Meine Schwester hat unter den vielen Stalleinrichtungen endlich den richtigen Stall gefunden, in dem ihr Pferd unterkommt. Gut zu wissen, dass die Fütterung der Pferde am besten vom Boden aus stattfindet, da dies der natürlichen Haltung des Pferdes entspricht.
Das ist ein super informativer Beitrag zum Thema Ställe für Pferde. Wir haben im letzten Jahr ein großes Stück Land gekauft und wollen nun auch ein paar Pferde halten. Dies ist natürlich mit einer intensiven und genauen Planung verbunden. Danke, dass Sie die richtige Lüftung erwähnt haben damit die Pferde auch im Sommer genügend frische Luft erhalten. Das werden bei der Planung auf jeden Fall beachten.
Informativer Artikel!
Momentan stehe ich in einem normalen Stall. Das heißt im Winter steht sie über Tag in einem großzügigen Auslauf mit Stroh ad libitum und Heu zur Mittagszeit. Nachts steht sie in der Box und hat Dank engmaschigen Heunetzen die ganze Nacht Heu. Die Box ermöglicht auch den Sozialkontakt in der Nacht. Im Sommer steht sie 24 h auf der Weide.
Auch wenn ich ganz zufrieden bin, überlege ich doch ob nicht ein Aktivlaufstall die bessere Lösung wäre.