Inhalte
Das Englische Vollblut ist eine seit ca. 30 Generationen bestehende, aus Großbritannien stammende Pferderasse. Sie ist weltweit bekannt, besonders für ihr großes Talent und den besonderen Erfolg im Galopprennsport. Zudem zählt das Englische Vollblut zu den beliebten Veredlern für andere Pferderassen. Alles über ein Englisches Vollblut erfährst Du in diesem Artikel.
Wichtige Daten im Überblick
- Ursprung: Großbritannien
- Hauptzuchtgebiet: Weltweite Zucht, besonders in England, Deutschland, Frankreich und den USA
- Verbreitung: weltweit
- Stockmaß: zwischen 150 cm und 170 cm
- Gewicht: ca. 500 kg – 650 kg
- Erscheinungsbild: hochbeinig, edel und fein gezeichnet, dennoch gut bemuskelt
- Farben: überwiegend Braune oder Füchse
- Haupteinsatzgebiet: Galopprennsport
Zuchtgeschichte des Englischen Vollblut Pferdes
Ursprung
Die Anfänge der Vollblutzucht gehen bis in das späte 17. Jahrhundert zurück, als in England heimische Stuten, darunter Galloways und Zuchtstuten der Königshäuser, mit importierten orientalischen Hengsten gekreuzt wurden, um ein schnelles und sehr ausdauerndes Englisches Vollblut für den Rennsport zu züchten.
Von den etwa 100 Hengsten unterschiedlicher Herkunft sind bis heute drei in den Zuchtlinien der Vollblüter vertreten, die als Stammväter geltenden Darley Arabian, Byerley Turk und Goldophin Barb. Aber auch andere orientalische Hengste übten in den ersten Jahrzehnten der Zucht ihren Einfluss über die mütterliche Seite und ihre nachkommenden Töchter aus. So lässt sich ein Englisches Vollblut nach wie vor bis auf eine der rund 30 Stammmütter zurückverfolgen.
Der Beginn einer geregelten, offiziellen Zucht ist mit der Eröffnung des General Stud Books im Jahr 1793 zu verzeichnen, das als erstes Gestütbuch Aufzeichnungen über sämtliche Stuten und Hengste umfasste.
Seither werden die Vollblüter in Reinzucht ohne Fremdbluteinfluss und ausschließlich nach Eignung durch Rennleistung gezüchtet, sodass jedes Englische Vollblut der inzwischen mehr als 30 Generationen auf das erste Zuchtbuch zurückgeht.
In Deutschland wurde das erste Galopprennen im Jahr 1822 in Bad Doberan ausgetragen und das Allgemeine Deutsche Stutbuch 1847 eröffnet. Die Zucht konzentrierte sich zunächst auf die Gebiete Mecklenburg und Schlesien, ehe die Vollblüter deutschlandweit, darunter im Rheinland, Anklang fanden.
Zuchtmethodik & Veredelung
Hinsichtlich der Auswahl der zur Zucht eingesetzten Stuten und Hengste ist seit jeher die in Rennen erbrachte Leistung maßgeblich. So werden bereits seit 1709 sämtliche Rennergebnisse im Galoppsport in Rennkalendern erfasst und nur die schnellsten und gesündesten Pferde entsprechend der Auslese nach Ausdauer, Schnelligkeit, Charakter und Härte zur Weiterzucht eingesetzt.
Unabhängig davon, in welchem Zuchtgebiet die heute nicht mehr nur in England, sondern weltweit verbreitete Vollblutzucht betrieben wird, ist ein Englisches Vollblut in einem international anerkannten Zuchtbuch einzutragen. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass im Rahmen der Zuchtmethodik keine künstliche Besamung, sondern ausschließlich der „Natursprung“ erfolgt.
Zuchtbücher/ Zuchtverbände
Verantwortlich für sämtliche Belange rund um die Zucht und den Galopprennsport ist in England der Jockey Club, der das General Stud Book bis heute betreut. Als Zucht- und Rennsportverband fungiert in Deutschland das in Köln ansässige Direktorium für Vollblutzucht und Rennen, dem als anerkannte Züchtervereinigung eine Reihe von Mitgliedsverbänden angehört.
Besondere Vererber
Als besonderer Vererber hat sich zum einen der Araber Darley Arabian erwiesen, zu dessen Nachkommen der legendäre Hengst Eclipse zählt. 1764 geboren war dieser mit 18 Siegen am Stück das erfolgreichste Rennpferd der damaligen Zeit. Zugleich lassen sich heute mehr als 90 Prozent der Vollblüter über ihn auf den Stammvater Darley Arabian zurückverfolgen.
Vergleichsweise nur gering sind hingegen die Linien der beiden anderen Stammhengste vertreten, darunter die in Frankreich noch häufiger vorzufindende Hengstlinie von Byerley Turk, bei dem es sich vermutlich um einen Achal-Tekkiner handelte. Der Berber Goldophin Barb prägte die Zucht insbesondere durch seinen Nachfahren Man O´War und lässt sich hauptsächlich in der amerikanischen Zucht nachweisen.
Aussehen (Exterieur) Englisches Vollblut
Größe
Mit einem Stockmaß von 152 bis 173 Zentimetern variiert ein Englisches Vollblut deutlich in seiner Größe. Kleinere Vertreter der Rasse werden auch als „Steher“ bezeichnet und oftmals für Mittel- und Langstreckenrennen eingesetzt, während Vollblüter mit einem Stockmaß von um die 1,70 Meter, die sogenannten Sprinter, vermehrt auf den Kurzstrecken verwendet werden.
Gebäude
Elegant in seiner äußeren Erscheinung zeichnet sich ein Englisches Vollblut durch seinen leichten, hochedlen Kopf mit großen Nüstern und Augen sowie den geschwungenen, langen und sehr schlanken Hals aus. Der leichte, harmonische Körperbau mit großen Linien spiegelt sich in lang gestreckten, schrägen Schultern, einem kurzen Rücken mit ausgeprägtem Rippenbogen sowie in einer stark bemuskelten, kräftigen Hinterhand wider.
Auffällig ist die hohe Kruppe mit hoch angesetztem Schweif. Zudem verfügt ein Englisches Vollblut typischerweise über ein trockenes Fundament mit langen Beinen und starken Gelenken.
Fell und Färbungen
Mit Blick auf die Fellfärbung präsentiert sich ein Englisches Vollblut meist als Brauner in allen Schattierungen oder als Fuchs, während Rappen und Schimmel deutlich seltener vorkommen. Charakteristisch sind neben den häufig auftretenden weißen Abzeichen an Kopf und Bein das dünne, sehr feine Fell sowie das vergleichsweise kurze Langhaar.
Grundgangarten / Bewegungen / Bewegungsablauf
Raumgreifende, lange und flache Bewegungen machen die Vollblüter zu idealen Rennpferden, denn mit ihren kräftigen Sprüngen im Galopp erzielen sie ein Höchsttempo wie keine andere Rasse. Die energische, aktive Hinterhand ermöglicht den Schub für einzigartige Spitzengeschwindigkeiten und ermöglicht auch im Trab einen elastischen und federnden Bewegungsablauf.
Impressionen der Rasse
Beschreibung des Charakters (Interieurs)
Die für den Hochleistungssport gezüchteten Pferde kommen mit einer gehörigen Portion sportlichem Ehrgeiz daher. Sie sind sehr leistungswillig und haben eine überdurchschnittliche Arbeitseinstellung. Zudem sind sie sehr intelligent und sensibel, eine Kombination, die auch ihre Nachteile mit sich bringt. Nervenstärke ist in der Regel keine Eigenschaft eines Englischen Vollbluts, oft zeigen sich Tiere dieser Rasse als nervös und schreckhaft. Ihre Sensibilität macht sie Umwelteinflüssen gegenüber empfindlich und in Stresssituationen braucht es einen erfahrenen Menschen, der das Handling übernimmt und mit viel Ruhe auf die Tiere eingeht. Das oft früh aufgenommene und stressbehaftete Training auf der Rennbahn kann die Nervosität des Englischen Vollblutes stark herausstellen, weshalb besonders bereits rennsportmäßig trainierte Pferde als sehr aufschäumend und temperamentvoll gelten.
Englisches Vollblut im Video
Besonderheiten der Englischen Vollblut Pferde
Ein im Galopprennsport erfolgreiches Englisches Vollblut erzielt nicht nur auf der Rennbahn hohe Gewinne, sondern ist auch für den Deckeinsatz gefragt und wird daher bei Auktionen mit enormen Summen gehandelt. So wurde beispielsweise für den Hengst Manduro eine Rekordsumme von 23 Millionen Euro gezahlt.
Der Legende nach soll der orientalische Stammhengst Godolphin Barb beinahe als Zugpferd vor dem Karren geendet sein. Der französische König Ludwig XV. hatte den als Präsent erhaltenen Hengst ungeachtet seiner Qualität als Arbeitspferd an einen Händler verkauft, ehe er durch einen englischen Käufer auf die britische Insel und später auf das Gestüt des Grafen von Godolphin gelangte.
Einsatzgebiete des Englischen Vollblutes
Aufgrund seiner Schnelligkeit und der natürlichen Begabung für Galopprennen kommt ein Englisches Vollblut hauptsächlich im Rennsport zum Einsatz. Früh in ihrer Entwicklung werden die talentiertesten Pferde bereits mit eineinhalb Jahren trainiert und ab einem Alter von etwa zwei Jahren an den Start geschickt.
In preisdotierten Rennen sind dreijährige und ältere Vollblüter auf der Rennbahn aktiv, zumal das Derby als klassisches Flachrennen über unterschiedlich lange Distanzen auch die bedeutendste Zuchtprüfung ist und Aufschluss über die Eignung gibt. Sprinter absolvieren dabei auf der kurzen Distanz 1.000 bis 1.200 Meter, während ein Englisches Vollblut als Meiler oder Steher auf den Mittel- und Langstrecken 1.600 bis 1.800 Meter sowie 2.400 bis 3.200 Meter im Galopp bewältigt.
Neben der typischen Verwendung als Rennpferd zeichnet sich ein Englisches Vollblut durch sein hohes Maß an Vielseitigkeit aus, denn auch für die Dressur und das Springreiten oder für Wander- und Distanzritte ist es bei entsprechender Ausbildung durchaus geeignet. Freizeitreitern ist allerdings nicht zu empfehlen, ein als Rennpferd ausgemustertes Englisches Vollblut für Hobbyzwecke einsetzen zu wollen, da sich der Umgang mit den sehr temperamentvollen und ursprünglich auf den Leistungssport ausgelegten Pferden als äußerst schwierig erweisen kann.
Englisches Vollblut – Erbkrankheiten
Besondere Erbkrankheiten dieser Rasse treten nicht auf. Alle möglichen Erkrankungen, die im Leben eines Englischen Vollbluts auftreten, sind meist auf falsche Haltung oder ihren anspruchsvollen Einsatz im Rennsport zurückzuführen.
Bekannte Englische Vollblüter
Besonders im Galopprennsport zählt das Englische Vollblut zu den erfolgreichsten Pferderassen der Welt. Die Liste mit Namen aller berühmten Rassevertreter ist lang. Zu Beginn stehen die drei Stammväter der Rasse: Byerley Turk, Darley Arabian und Godolphin Arabian. Sie begründeten diese weltweit geschätzte und erfolgreiche Rasse und machten sich damit einen unsterblichen Namen. Ein weiterer weltberühmter Hengst ist Eclipse. Der Vollbluthengst lebte von 1764 bis 1789, galt seinerzeit als das erfolgreichste Galopprennpferd der Welt und als sogenannter Stempelhengst des Englischen Vollbluts. Er ist Vater unzähliger Fohlen und sorgte somit dafür, dass auch heute noch etliche Englische Vollblüter auf seine Blutlinie zurückzuführen sind.
Zwei weitere bekannte Namen sind die der Pferde Seabiscuit und Secretariat, zwei Englische Vollblüter, die im amerikanischen Galopprennsport unglaublich erfolgreich waren. Ihre Erfolgsgeschichten wurden sogar verfilmt und sind in den Filmen „Seabiscuit – Mit dem Willen zum Erfolg“ und „Secretariat – Ein Pferd wird zur Legende“ zu sehen.