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Hengstleistungsprüfung – Was sagt sie über einen Deckhengst aus?

von Felix Ortmann
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Frederik Vekens, auf der Hengststation Jill Mieleszko-Vekens für die Beratung und den Verkauf zuständig, erklärt im Interview, worauf Fohlenvermarkter und Aufzüchter achten und warum die Hengstleistungsprüfung kein Garant für einen guten Deckhengst ist.

Frederik Vekens ist auf der Hengststation Jill Mieleszko-Vekens für die Beratung und den Verkauf zuständig. Er steht bei allen Fragen rund um die Hengste, die Verkaufspferde und -ponys zur Verfügung.

Interview mit Frederik Vekens

Erst einmal muss die Basis stimmen: Habe ich die passende Stute zu meinem Wunschhengst?

„Eigentlich ein Thema, über das man 24 Stunden diskutieren könnte. Es ist wichtig als Züchter selbstkritisch zu sein und die Stärken und Schwächen seiner Stute objektiv zu beurteilen. Wichtig sind also Fragen, wie: Welcher Hengst kann diese Schwächen ausgleichen? Möchte ich lieber ein Spring- oder Dressurpferd haben?

Es ist einfach wichtig, sich ein Zuchtziel zu setzen: Ist mein Ziel Olympia oder reicht mir auch das Turnier im Nachbarort?

Ich persönlich als Züchter versuche, das Maximum zu erreichen. Mein Ziel? Irgendwann ein Grand-Prix-Pferd oder einen gekörten Hengst gezogen zu haben. Andere haben als Ziel vielleicht ein breitaufgestelltes Pferd, das auch von Amateuren zu händeln ist. Die Holländer orientieren sich z.B. ausschließlich am Spitzensport. Es hängt also immer von der eigenen Philosophie ab.“

Was empfehlen Sie? Althengst oder Junghengst?

„Auch das wird immer kontrovers diskutiert. In der Vermarktungskrise, die wir vor 4-5 Jahren hatten, haben sich insbesondere die Springpferde-Züchter auf die etablierten, bewährten Hengste gestützt – und sind damit sehr gut gefahren.

Auch hier muss ich mir zuvor überlegen: Bin ich ein Fohlen-Verkäufer oder ein Reitpferde-Züchter? Denn es ist ein Unterschied, ob ich ein Fohlen vermarkte oder ein Pferd, dass ich vor der Vermarktung noch ausgebildet habe.  Als Fohlen-Verkäufer ist es ein Muss, einen renommierten Hengst im Papier stehen zu haben. Denn allein aufgrund der Grundgangarten kann es schwer werden, den gewünschten Preis zu erzielen – gerade bei Springpferden.

Wenn man sich die Gründungsväter unserer Zucht anschaut, sieht man jedoch auch, dass hier genauso auf Junghengste gepocht wurde. Denn nur so kann auch ein Zuchtfortschritt entstehen. Junghengste bringen frisches Blut, die Rasse kann leichter und edler werden.

Momentan sieht man aber am Markt, dass die Züchter eher die etablierten Hengste bevorzugen. Gerade bei Springpferde-Züchtern kann man das beobachten. Dressurpferde-Züchter sind da experimentierfreudiger. Das ist auch kein Wunder – ein Pferd mit entsprechenden Gängen verkauft sich auch in einer Krise!

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Züchten halt auch einfach ein gewisses Ausprobieren ist – da ist nicht einfach 1 + 1 = 2.“

Gibt es Unterschiede zwischen der Großpferde- und der Ponyzucht?

„In der Ponyzucht gibt es diese Spezialisierungen nicht. Viele Ponyzüchter wollen ein gutes, bewegungsstarkes Ponyfohlen züchten – die klassischen Spezialisierungen à la „Das ist ein Dressurpony“ und „Das ist ein Springpony“ findet man kaum.

Die Ponys sind daher einfach breiter aufgestellt. Auch wenn es in letzter Zeit modern geworden ist, Dressurponys zu züchten. Wenn man sich die Prüfungen anschaut, findet man kaum noch Springponys. Das ist leider einfach so. Oft sind es eher „Zufallsprodukte“, die dann im Ponymaß erfolgreich sind.“

Was zeichnet ein gutes Fohlen aus?

„Auch hier finde ich, muss man wieder die Unterscheidung zwischen Fohlenvermarkter und Aufzüchter machen.

Wenn ich mir ein Fohlen aussuche, gehe ich emotional an den Kauf heran. Es muss mir auf den ersten Blick gefallen – die Proportionen sollten harmonisch und die Bewegungen locker und leicht sein. Bei einem Dressurpony möchte ich natürlich gern ein Fohlen haben, dass vielleicht direkt schon auf der Hinterhand lostrabt und sich bereits beim Freilaufen großmacht.“

Hengstleistungsprüfung – Worauf muss ich achten? Wie wichtig ist sie?

„Auch dies wird momentan kontroverser diskutiert als jeher. In Deutschland ist es traditionell so, dass die Hengste zweieinhalbjährig freilaufend gekört werden. Früher war dies ausschließlich eine Beurteilung des Exterieurs. Hiervon ist man aber nach und nach abgekommen und inzwischen bezieht man auch andere Attribute in die Körung mit ein: Das Freilaufen kam erst im Laufe der Zeit dazu, das Freispringen ist auch noch nicht immer Bestandteil der Körung – auch wenn es inzwischen gar nicht mehr wegzudenken ist. Zeitweise war z.B. sogar auch das Longieren sehr populär.

Ich für meinen Teil muss sagen, dass diese Körung für einen zweieinhalbjährigen Hengst eine Mordsaufgabe und eine sehr große Anstrengung ist. In einem Zuchtgebiet wie Westfalen werden auf Körungen über 400 Hengste vorgestellt – davon werden ca. 80 Hengste zur Körung zugelassen und letztendlich 40 Hengste gekört. Dies ist erstmal eine sehr große Selektion, welche meiner Meinung nach schon einmal ausreicht, die Hengste decken zu lassen.

In Deutschland ist man inzwischen sogar weitergegangen: Bereits dreijährig müssen die Hengste in einem 14-Tage-Test ihre Reiteigenschaften unter Beweis stellen. Ich persönlich finde es sehr schade, dass man diesen Hengsten nicht noch einmal die Zeit gibt, sich in ihrer Entwicklung zu stabilisieren. Das früher typische „freie Jahr“ zur Deckung nach der Körung fällt leider weg. Hier konnte man sich schon einmal die Nachzucht anschauen. Wenn diese nicht erfolgsversprechend war, wurde der Hengst nicht weiter zum Decken eingesetzt.

Was wollen Sie denn bei einem dreijährigen Springhengst auch unter dem Sattel erwarten? Unter dem Sattel kann er sich nicht auszeichnen, da man noch nicht springen darf. Und das Freispringen ist ja nicht anders als bei der Körung. Das Ziel der HLP ist es, eine Aussage über die Reiteigenschaften des Hengstes machen zu können. Dies ist aber nicht mehr als ein Anhaltspunkt und kann mir noch lange nicht sagen, ob ich einen guten Vererber vor mir habe. Es gibt bereits jetzt eine sehr lange Liste von Hengsten, die zwar sehr gut bei Hengstleistungsprüfungen abgeschnitten haben, aber bereits nach zwei, drei Decksaisons von den Züchtern links liegen gelassen wurden, da sie ihre Eigenschaften einfach nicht vererben.

Die HLP ist mit Sicherheit ein Anhaltspunkt, aber sie gibt mir keine Garantie, dass ich einen guten Vererber habe. Hier ist der Stutenstamm nicht zu vernachlässigen! Die Neuordnung der Hengstleistungsprüfung ist für mich daher noch nicht ausgereift.“

Und noch eine ganz andere Frage: Wie sieht bei Ihnen als Hengsthalter ein typischer Arbeitstag aus?

„Morgens werden als erstes die Pferde gefüttert – und das um 6 Uhr. Die Mitarbeiter kommen gegen 7 Uhr und füttern Heu, misten und reiten. Die Bereiterin kümmert sich zunächst um die Jungpferde. Denn morgens kann man die Halle in Ruhe nutzen und die Jungen in entspannter Atmosphäre an alles gewöhnen. Nachmittags dürfen sie dann raus. Wir haben jedes Jahr ca. 20 bis 25 Jungpferde, die bei uns ausgebildet werden.

Ab dem Vormittag bin ich dann im Büro bzw. während der Decksaison auf der Besamungsstation und nachmittags viel bei Kundenterminen. Oder hole die Kinder vom Kindergarten ab!“

Kontakt

Frederik Vekens

Beratung & Verkauf

Mobil: +49 171 3284301

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