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Ankaufsuntersuchung beim Pferd – Alle Infos zur AKU

von Frederieke Wenning
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Was ist die Ankaufsuntersuchung beim Pferd?

Die Ankaufsuntersuchung wird im Jargon von Pferdeleuten oft mit dem ‚TÜV‘ von Kraftfahrzeuge verglichen und auch so bezeichnet. Es heißt dann häufig im Vertrag: ‚Der TÜV war o.k‘. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass eine tierärztliche Ankaufsuntersuchung keine Beanstandung ergeben hat. Allerdings täuscht diese Kurzformel manchen Pferdekäufer darüber hinweg, dass damit weder gesagt ist, wann die Untersuchung erfolgte, wer Auftraggeber und wer Untersucher war, welchen Umfang die Untersuchung hatte und welche Befunde erhoben wurden. Es ist damit auch nicht gesagt, ob eine Röntgenuntersuchung erfolgte und welches Ergebnis diese hatte.

Ebenso wenig, ob zum Zeitpunkt der Ankaufsuntersuchung eine Laboruntersuchung auf Behandlung mit Mitteln vorgenommen wurde, die geeignet sind, ansonsten sichtbare Zustände oder Widersetzlichkeiten zu verschleiern (Medikationsnachweis). Auf diese Punkte kommt es jedoch ganz wesentlich an. Pferdekäufern ist deshalb dringend zu raten, sich das Untersuchungsprotokoll inklusive eventuell gefertigter Röntgenaufnahmen aushändigen zu lassen, um sich die Dokumente vom Tierarzt ihres Vertrauens erläutern bzw. interpretieren zu lassen. Keinesfalls sollten sich Pferdekäufer von der lapidaren Aussage von Anbietern blenden lassen, das Pferd sei gut getüvt worden.

Auch die Aussage, es seien Röntgenaufnahmen gefertigt worden, sagt noch nichts aus. Denn damit ist weder gesagt, welche Röntgenaufnahmen gefertigt wurden, noch ob diese den heutigen Qualitätsanforderungen entsprechen, noch ob diese nach heutigen Standards (Röntgenleitfaden 2007, siehe Kapitel 7.7 II.) beurteilt und klassifiziert wurden. Im schlimmsten Fall kann sich bei orthopädischen Problemen nach dem Kauf herausstellen, dass die Röntgenaufnahmen alt, unvollständig oder schlicht unbrauchbar sind bzw. verharmlosend beurteilt wurden und somit ein Pferd mit erheblichen Röntgenbefunden erworben wurde.

Viele der bei einer Ankaufsuntersuchung vorgenommenen Untersuchungsschritte, aber auch das Probereiten, können nur dann zu richtigen veterinärmedizinischen Ergebnissen führen bzw. eine richtige Beurteilung zulassen, wenn die Pferde zum Zeitpunkt der Untersuchungen oder des Probereitens nicht unter der Wirkung von entzündungshemmenden, schmerzstillenden und beruhigenden Medikamenten standen.

Was kostet eine kleine Ankaufsuntersuchung beim Pferd?

Die Kosten einer AKU hängen vom Umfang der Untersuchung ab. Bei einer kleinen Ankunftsuntersuchung kannst Du mit einem Kostensatz von 100€ bis 250€ kalkulieren.

Ankaufsuntersuchung beim Pferd – Definition

Die tierärztliche Ankaufsuntersuchung eines Pferdes ist eine nach speziellen Regeln ablaufende tierärztliche Untersuchung, die im Zusammenhang mit einem konkreten oder mit einem noch undatiert geplanten An- oder Verkaufsvorhaben vorgenommen wird. Sie hat eine (werkvertragliche) Gutachtenerstattung über Aspekte der gesundheitlichen Beschaffenheit eines Pferdes im Rahmen eines weitgehend standardisierten Untersuchungsumfangs zum Gegenstand. Dabei kann der Umfang der Untersuchung durch individuelle Wünsche des Auftraggebers erweitert oder eingeschränkt werden. Die individuelle Gestaltung des Untersuchungsauftrags sollte nach einem Aufklärungs- und Beratungsgespräch erfolgen, in dem der Tierarzt den Auftraggebern die Konsequenzen der Erweiterung oder der Einschränkung des Untersuchungsumfangs erläutert.

Das Ergebnis der Untersuchung mit tiermedizinischen Befunden und einer abschließenden Zusammenfassung wird in einem Untersuchungsprotokoll festgehalten, das dem Auftraggeber auszuhändigen ist.

Temperatur messen beim Kopf

Die tierärztliche Ankaufsuntersuchung eines Pferdes ist eine nach speziellen Regeln ablaufende tierärztliche Untersuchung.

An- und Verkaufsuntersuchung

Ankaufsuntersuchung

Der populäre Begriff ‚Ankaufsuntersuchung‘ hat sich für den Fall etabliert, in dem ein potenzieller Käufer das von ihm ausgesuchte Pferd zeitnah zum Kauf von einem Tierarzt seines Vertrauens auf ‚Gesundheit‘ bzw. gesundheitliche Geeignetheit für den vorgesehenen Verwendungszweck untersuchen lässt. Die Wirksamkeit eines unter diesen Prämissen geschlossenen Kaufvertrages hängt dann von dem tierärztlichen Untersuchungsergebnis ab (aufschiebende oder auflösende Bedingung gem. § 158 BGB).

Im Hinblick auf die Kosten der Ankaufsuntersuchung gilt: Der Auftraggeber ist verpflichtet unabhängig vom Untersuchungsergebnis die Kosten zu tragen. Sollte eine andere Regelung gewünscht sein, so sollten sich die Kaufvertragsparteien auf eine eindeutige Absprache einigen, also keinesfalls folgenden auslegungsbedürftigen Passus (‚ohne Befund‘) verwenden ‚Der Käufer trägt die Kosten der Untersuchung, sofern das Untersuchungsergebnis ohne Befund ist. Sollte ein Befund vorliegen, kommt der Verkäufer für die Kosten der Untersuchung auf.‘

Für den potenziellen Käufer ist eine Ankaufsuntersuchung vorteilhaft: Er profitiert als Auftraggeber und späterer Nutzer oder Wiederverkäufer des Pferdes, z.B. durch die Auswahl des untersuchenden Tierarztes, dessen Ruf und Untersuchungserfahrung. Ferner kann er im Rahmen des vor der Untersuchung durchgeführten Beratungs- und Aufklärungsgesprächs auf den Umfang der Untersuchung in Form von

  • klinischen Untersuchungsschritten,
  • Art und Anzahl der Röntgenaufnahmen,
  • weiterführenden Untersuchungen und
  • einer Entnahme und Untersuchung von Blut- und/oder Harnproben für einen Ausschluss der medikamentösen Behandlung

entscheidenden Einfluss nehmen.

Insbesondere wenn der Verkäufer seine Sachmängelhaftung (für gesundheitliche Mängel) wirksam im Kaufvertrag ausgeschlossen oder eingeschränkt hat, empfiehlt es sich für den Käufer, eine Ankaufsuntersuchung in Auftrag zu geben.

Verkaufsuntersuchung

Gelenke beim Pferd werden vom Tierarzt gecheckt

Das Untersuchungsergebnis soll einem Kaufinteressenten als Informationsgrundlage dienen.

Unter dem Begriff ‚Verkaufsuntersuchung‘ versteht man eine Untersuchung im Auftrag des Verkäufers im Hinblick auf einen beabsichtigten Verkauf. Dabei müssen weder die Person des Käufers noch ein konkretes Verkaufsdatum feststehen; diese Untersuchung erfolgt daher oft unabhängig von einem konkreten Verkaufsgeschäft. Das Untersuchungsergebnis soll einem Kaufinteressenten als Informationsgrundlage dienen. Verkaufsuntersuchungen werden vor allem vor Auktionen in Auftrag gegeben.

Der Verkäufer gibt hierbei, zumindest bis zu einem gewissen Grad, den Umfang der Untersuchung in Auftrag. Allein dadurch kann er das Untersuchungsergebnis beeinflussen. Er erhofft sich ein Attest über einen einwandfreien Gesundheitszustand des Pferdes, das er bei einem Verkaufsgespräch als Anpreisung bzw. als eine Art Gütesiegel einsetzen kann. Manchen Verkäufern ist daher nicht an einer gründlichen, mit hohem Kosten- und Zeitaufwand verbundenen tierärztlichen Untersuchung gelegen, weil die Chance, krankhafte Befunde zu entdecken, bekanntlich mit der Intensität und Gründlichkeit der Untersuchung steigt. Die meisten Verkäufer legen jedoch Wert darauf, nur ‚gesunde‘ Pferde zu verkaufen, dadurch zufriedene Kunden sowie einen guten Ruf zu haben und zu halten und sich selbst keinen Risiko auszusetzen.

Wenn in dem Untersuchungsprotokoll normabweichende Befunde festgehalten sind, hat der Käufer davon Kenntnis erlangt und das Pferd mit diesen Eigenschaften akzeptiert (§ 442 BGB). Im umgekehrten Fall ist dem Verkäufer hierdurch der Nachweis möglich, dass das Pferd im Rahmen und Zeitpunkt der Untersuchung frei von gesundheitlichen Mängeln war. Er kann sich somit vor unberechtigten Schadenersatz- und sonstigen Gewährleistungsansprüchen schützen.

Insbesondere beim Verbrauchsgüterkauf kann es aufgrund der Beweislastumkehr daher von Vorteil für den Verkäufer sein, eine Verkaufsuntersuchung in Auftrag zu geben, sofern der Käufer auf eine Untersuchung verzichtet. Bestehen Verdachtsmomente, die auf einen gesundheitlichen Defekt des Pferdes hindeuten (z. B. Nasenausfluss, Umfangsvermehrungen, stumpfer Bewegungsablauf oder gar Lahmheiten), gehört es zu den vertraglichen Pflichten des Verkäufers, diese vor dem Verkauf mittels einer tierärztlichen Untersuchung abzuklären. Zumindest sollte er den Käufer – aus Beweiszwecken schriftlich – über die Verdachtsmomente detailliert informieren. Er läuft ansonsten Gefahr, gegenüber dem Käufer auch auf Schadens- und Aufwendungsersatz zu haften.

Seit Inkrafttreten des neuen Kaufrechts im Jahre 2002 wird zunehmend vorgeschlagen, nur noch den Begriff ‚Kaufuntersuchung‘ zu verwenden.

Tierärztliche Ankaufsuntersuchung im Vergleich zur klinisch indizierten Untersuchung

Eine tierärztliche Ankaufsuntersuchung unterscheidet sich von einer klinisch veranlassten Untersuchung in mehreren wesentlichen Punkten: Während bei klinisch indizierten Untersuchungen ein bekanntermaßen oder vermutlich krankes Pferd untersucht wird, wird bei der Ankaufsuntersuchung klinisch unauffällige (vermutlich ‚gesunde‘) Pferde einem Untersuchungsprozedere unterzogen. Die Ankaufsuntersuchung wird daher nicht gezielt aufgrund einer Krankheitsgeschichte (Anamnese), nach Anfangsverdacht oder anhand von Leitsymptome vorgenommen. Das erschwert die Untersuchung durchaus, da diese ‚blind‘ erfolge muss. Sie verfolgt auch nicht das Ziel, die Ursache eines eventuell festgestellten Krankheitsanzeichen (z.B. Nasenausfluss, eine Bewegungsstörung) zu klären oder eine Diagnose zu stellen. Allerdings kann sich zufällig eine Diagnose ergeben. Die typische Kaufuntersuchung endet vielmehr bereits mit der Feststellung von Krankheitssymptomen oder wird – nach Absprache und im Einzelfall – dann als klinisch indizierte Untersuchung weitergeführt.

Umfang einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung: Kaufuntersuchung ist nicht gleich Kaufuntersuchung

Die Ankaufsuntersuchung soll bei vertretbarem Kosten- und Zeitaufwand zutreffende und möglichst weitreichende Informationen über den aktuellen Gesundheitszustand eines Pferdes liefern. Es geht im Kern darum, noch nicht augenfällige krankhafte Veränderungen oder unerwünschte Zustände zu entdecken, die später, bei eventuellem Fortschreiten oder unter zukünftiger Belastung des Pferdes zu gesundheitlichen Problemen (z.B. zu Lahmheiten, Leistungseinschränkungen oder vorzeitiger Unbrauchbarkeit) führen können.

In den vergangenen Jahrzehnten wurden der erforderliche Umfang und die Modalitäten einer fachlich versierten Ankaufsuntersuchung in Pferdetierärztekreisen, oft im Dialog mit Juristen, auf zahllosen Kongressen und in vielen Arbeitskreisen diskutiert und weiterentwickelt. Inzwischen gibt es ein Untersuchungsprotokoll, wonach die Kaufuntersuchung nach einem checklistenartig und weitgehend standardisierten Untersuchungsplan durchgeführt und protokolliert wird (‚Vertrag über die Untersuchung eines Pferdes‘). Eine Kopie des Vertrages befinde sich im Anhang 1. Tierärztliches Ankaufsuntersuchungsprotokoll dieses Buches.

Der in diesem Protokoll vorgegebene Untersuchungsumfangs entspricht dem derzeitigen anerkannten Stand der tierärztlichen Sorgfalt einer Ankaufsuntersuchung bei Pferden. Damit ist Pferdekäufern und -verkäufern ein Mittel an die Hand gegeben, späteren Enttäuschungen wegen etwaigen gesundheitlichen Mängeln eines gehandelten Pferdes so gut wie heute möglich und im Rahmen einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Relation vorzubeugen. Tierärzten bietet die Nutzung und Abarbeitung dieses Protokolls oder inhaltlich gleicher Protokolle die größtmögliche Sicherheit vor rechtlich haltbaren Vorwürfen, die Untersuchung nicht fachgerecht durchgeführt zu haben. Attesten, die inhaltlich nicht diesem Protokoll entsprechen, sollte grundsätzlich mit Skepsis begegnet werden. Pferdekäufer wie -verkäufer müssen sich im Klaren darüber sein, dass auch heute noch vereinzelt kursierende „selbst gestrickte dreiviertelseitige Kaufuntersuchungsatteste zwar an sich zutreffend und richtig sein können. Häufig sind diese jedoch mit heutigen Standards einer Ankaufsuntersuchung nicht konform, wodurch deren Wert begrenzt ist.

Kaufuntersuchungsprotokoll und ‚Vertrag über die Untersuchung eines Pferdes‘

Das Protokoll (Anhang 1. Tierärztliches Kaufuntersuchungsprotokoll) wurde zuletzt 2008 vom ‚Ausschuss Pferde‘ der Bundestierärztekammer und der Gesellschaft für Pferdemedizin (GPM) überarbeitet und aktualisiert. Der Formularsatz besteht aus den Teilen

  • Erklärung des Verkäufers,
  • A. Allgemeine Vertragsbedingungen,
  • B. Untersuchungsprotokoll,
  • C. Zusammenfassung,
  • Hinweise für die Tierärzte,
  • Erklärung des Tierhalters (in dreifacher Ausfertigung),
  • blauer Formularsatz für die vorläufige Protokollierung am Pferd und
  • Allgemeine Vertragsbedingungen mit Untersuchungsauftrag als Originalvertrag.

Dabei soll das vorläufige Protokoll (blauer Formularsatz) vom Auftraggeber oder dessen Vertreter sofort unterzeichnet werden. Das endgültige Protokoll kann später in Reinschrift (auf weißem Papier) gefasst werden und bedarf ebenfalls der Unterschriften des Auftraggebers bzw. seines Vertreters und des Tierarztes. Ferner liegt dem Formularsatz ein Bogen (Protokoll) für die endoskopische Untersuchung bei. Dieser wird Teil des Vertragsformulars, wenn die Endoskopie als weitere Untersuchung vereinbart wird.

Pferd bekommt eine Spritze in den Mund

Die Ankaufsuntersuchung soll bei vertretbarem Kosten- und Zeitaufwand zutreffende und möglichst weitreichende Informationen über den aktuellen Gesundheitszustand eines Pferdes liefern.

Die ‚Erklärung des Verkäufers‘ mit den Angaben zum Verkäufer, zur Identität und zur Vorgeschichte des Pferdes soll vor Abschluss des Untersuchungsvertrags unterschrieben vorliegen.

Dem Auftraggeber soll ferner der Teil ‚A. Allgemeine Vertragsbedingungen‘ vor Vertragsabschluss zur Kenntnis gegeben werden. Darin sollen u. a. der konkret gewünschte Untersuchungsumfang innerhalb des Standards oder Einschränkungen oder Erweiterungen des Untersuchungsauftrags schriftlich fixiert und von Tierarzt und Auftraggeber unterzeichnet werden.

Unter Ziff. 9 wird der Auftraggeber eingehend darüber belehrt, dass die Befunderhebung nur zu einem richtigen Ergebnis führen kann, wenn das Pferd (zum Untersuchungszeitpunkt) nicht unter der Einwirkung von Medikamenten steht, wobei unter Ziff. 8 bereits durch Ankreuzen eine Medikationsprobe in Auftrag gegeben werden kann. Ziff. 10 geht auf die Röntgenuntersuchung, deren Umfang und Aussagekraft sowie auf den Urheberrechtsschutz des Tierarztes ein und schließt mit der Empfehlung ab, für die Anfertigung der Röntgenaufnahmen der Vordergliedmaßen die Hufeisen abzunehmen.

Teil B. des Formularsatzes beinhaltet in den Abschnitten I bis IV den Untersuchungsgang im anerkannten Standardumfang, dessen Einhaltung angeraten wird. Es soll keine Untersuchung ausgelassen werden. Auftraggebern soll Sinn und Zweck der Untersuchungen, besonders der optionalen Untersuchungen (z. B. Endoskopie, weitere Röntgenuntersuchungen, Medikationskontrolle) erläutert werden. Hierbei sollten auch Kostenaspekte zur Sprache kommen, damit die Auftraggeber bei der Festlegung des Untersuchungsumfangs sachgemäß eingebunden sind.

Die einzelnen Schritte der Ankaufsuntersuchung sind folgende: Nach Eintrag von Auftraggeber, Tierarzt und ggf. ‚Dritter‘ und vorberichtlichen Angaben (u a. zum Probereiten, zum Equidenpass, zum Lebensmittelstatus und zur Identität) in den Protokollkopf wird eine Allgemeinuntersuchung vorgenommen und protokolliert. Diese umfasst die Punkte

    • Pflegezustand,
    • Ernährungszustand,
    • Haut und Haarkleid,
    • auffällige Narben,
    • Hauttumoren,
    • Körperinnentemperatur,
    • Puls und Atmung.

Außerdem werden die

    • Kopfregion und die
    • Augenschleimhäute

betrachtet. Ferner werden die

    • Kehlgangslymphknoten und die
    • Halsvenen (Drossellvenen) geprüft und es wird auf
    • Husten und Nasenausfluss

geachtet. Anschließend werden das

    • Nervensystem mit Zentralnervensystem und peripheren Nerven
    • Augen und
    • Verhalten

untersucht. Es folgen die Untersuchungen von

    • Atmungssystem,
    • Herz,
    • Maulhöhle,
    • äußeren Geschlechtsorganen
    • und die Feststellung der Kotbeschaffenheit.

Dann wird eingetragen, ob eine Probe zur Untersuchung auf Medikation entnommen werden soll und wie damit verfahren wird (sofortige oder spätere Untersuchung).

Danach wird die Untersuchung des Bewegungsapparates vorgenommen. Diese schließt eine Betrachtung und eine Betastung aller wichtigen Strukturen der Gliedmaßen, des Halses, des Rückens, der Kruppe sowie der Brust- und Bauchregion im Stand ein. Dann erfolgt die Beurteilung des Pferdes im Schritt und im Trab an der Hand auf der Geraden auf hartem Boden. Dabei werden auch Provokationsproben, nämlich

    • Untersuchung auf Wendeschmerz durch Bewegung auf dem Zirkel an der Hand,
    • Beugeproben
    • und Untersuchung auf Beugeschmerz und auf Beugehemmung

vorgenommen. Außerdem können hier zusätzlich gewünschte Untersuchungen durchgeführt und protokolliert werden, z.B.

  • Hufzangenuntersuchung,
  • Untersuchung unter dem Reiter, im Trab auf hartem Zirkel, nach Longenbelastung etc.

Bei Untersuchungen während und nach der Belastung an der Longe, unter dem Reiter oder am freilaufenden Pferd wird auf Bewegungsstörungen, auf abnorme Atemgeräusche und auf Atembeschwerden geachtet. Ferner werden Herz und Lunge abgehört und die so genannten Beruhigungswerte festgehalten. Zuletzt folgen weitere und/oder zusätzliche Untersuchungen.

Dazu zählt die Röntgenuntersuchung, wobei festgelegt werden kann, ob nur zehn oder zwölf Röntgenaufnahmen nach Standard gefertigt werden sollen, oder zusätzlich Aufnahmen der Knie und der Dornfortsätze und ggf. noch weitere Aufnahmen. Durch Ankreuzen kann festgelegt werden, ob die Befundbeschreibung der Standardaufnahmen gemäß Röntgenleitfaden (Angabe von Röntgenklassen) erfolgen soll.

Schließlich kann noch gewählt werden, ob eine Endoskopie (‚Spiegelung‘) der Atemwege eine transrektale, eine vaginale und/oder eine Laboruntersuchung durchgeführt werden soll.

Teil C. dient der Zusammenfassung der erhobenen Befunde. Tierärzten wird dringend geraten, zurückhaltend mit Aussagen zur möglichen Entwicklung von Einzelbefunden zu sein. Leistungsprognosen sind nicht möglich. Die letzte Seite des Protokolls soll nochmals von beiden Vertragsparteien unterzeichnet werden, auch in dem Fall, dass die Untersuchung abgebrochen wurde. Dann soll vermerkt werden, warum und auf wessen Veranlassung dies erfolgte.

Das Original des mit einer individuellen Kontrollnummer versehenen Protokolls wird dem Auftraggeber ggf. mit einem Durchschlag überlassen. Der Tierarzt behält eine Kopie des Untersuchungsprotokolls.

Unter Beachtung von Kosten und Nutzen und den Risiken für die untersuchten Pferde liefert die Ankaufsuntersuchung verwertbare Aussagen zu den typischen Fragestellungen der Auftraggeber. Zugleich gewährt die gemäß Musterverträge (Anhang 2.) durchgeführte Untersuchung nebst Vertragsbedingungen den Tierärzten vernünftige Haftungsbeschränkungen und trägt somit zu einem ausgewogenen Interessenausgleich der Beteiligten bei.

Wer zahlt die Ankaufsuntersuchung beim Pferd?

Im Hinblick auf die Kosten der Kaufuntersuchung gilt: Der Auftraggeber ist verpflichtet unabhängig vom Untersuchungsergebnis die Kosten zu tragen. Sollte eine andere Regelung gewünscht sein, so sollten sich die Kaufvertragsparteien auf eine eindeutige Absprache einigen.

Aussagekraft der Röntgenuntersuchung im Rahmen von Kaufuntersuchungen

Umfang der Röntgenuntersuchung

Pferd wird am Kopf gestreichelt

Röntgenuntersuchungen sind seit mehr als 40 Jahren Bestandteil vieler Kaufuntersuchungen.

Die Röntgenuntersuchung des Bewegungsapparates von Pferden gehört nahezu seit Erfindung der Röntgentechnik zum tierärztlichen Arsenal der orthopädischen Untersuchung von lahmenden Pferden. Normalanatomische Befunde wie auch krankhafte (pathologische) Befunde sind heute in Röntgenatlanten, Lehr- und Handbüchern sowie in zahllosen Fachpublikationen dokumentiert. Es lag nahe, die Röntgenuntersuchung als weitergehende Untersuchung auch im Rahmen der Kaufuntersuchung einzusetzen.

Dabei ging es von Anfang an darum, eventuell vorhandene, krankhafte Befunde röntgenologisch feststellen zu können, die sich allein durch die klinisch-orthopädische Untersuchung mittels Betrachtung, Betastung, Provokationsproben und Vorführen (noch) nicht feststellen lassen, die sich aber unter der zukünftigen Belastung eines Pferdes möglicherweise als lahmheitsverursachend erweisen können. Denn jedem Reiter ist bekannt, dass der Gesundheitsstatus der Gliedmaßenknochen und -gelenke von entscheidender Bedeutung für die Leistungsfähigkeit eines sportlich genutzten Pferdes ist.

Deshalb liegt es im Interesse der meisten Sportpferdekäufer, über den Gliedmaßengesundheitsstatus möglichst eingehende Informationen zu erlangen, um sich vor Fehlkäufen so gut wie möglich abzusichern. Bei Pferden, die zur Zuchtnutzung vorgesehen sind, oder hierfür zumindest in Frage kommen, geht es außerdem darum, klinisch nicht erkennbare, möglicherweise aber vorhandene und vererbbare Knochen- und Gelenkveränderungen aufzuspüren, die einer Zuchtnutzung entgegenstehen.

Aus diesen Gründen sind Röntgenuntersuchungen seit mehr als 40 Jahren Bestandteil vieler Kaufuntersuchungen. Sie gelten hierbei – wie oben dargelegt – als weiterführende Untersuchungen und werden aus praktischen und ökonomischen Gründen erst dann durchgeführt, wenn die klinische Untersuchung keinen krankhaften Befund oder zumindest einen akzeptablen Befund ergeben hat.

Wurde in der Anfangszeit des Röntgens im Rahmen der Kaufuntersuchung noch über Anzahl und Art der für sinnvoll erachteten Röntgenaufnahmen diskutiert, hat sich inzwischen ein Standard herausgebildet, in dem zehn bzw. zwölf Röntgenaufnahmen als Grundlage der Röntgenuntersuchung bei der Kaufuntersuchung definiert sind.

Der Standardumfang der Röntgenuntersuchung für Kaufuntersuchungen ist in dem von der Bundestierärztekammer und der Gesellschaft für Pferdemedizin (GPM) herausgegebenen Röntgenleitfaden 2007 festgelegt. Diese Aufnahmen umfassen

    • Abbildungen der Strahlbeine (‚Hufrollenaufnahmen‘) beider Vordergliedmaßen in der Röntgenaufnahmetechnik nach ‚Oxspring‘,
    • die Aufnahmen aller vier Zehen im seitlichen (90°- oder latero-medialen) Strahlengang und
    • Aufnahmen beider Sprunggelenke in zwei Schrägprojektionen (45° bis 70° und 90° bis 135°) oder – so die Empfehlung im Röntgenleitfaden – in drei Aufnahmerichtungen (dann zusätzlich jeweils eine 0°-Aufnahme). Damit wären zwölf Aufnahmen nach dem Standard angefertigt.

Im Rahmen der ebenfalls noch standardisierten, sogenannten erweiterten Röntgenuntersuchung können

  • Aufnahmen beider Kniegelenke in zwei Ebenen gefertigt werden. Hier werden die Aufnahmerichtungen 90° bis 115° und 0° oder 180° empfohlen.
  • Ferner können innerhalb des erweiterten Standards seitliche Röntgenaufnahmen (90° oder 270°) der Dornfortsätze der Brust- und Lendenwirbelsäule (oft als „Rückenaufnahmen bezeichnet) gefertigt werden.

Die genannten Röntgenaufnahmen entsprechen denjenigen, die bei Lahmheiten oder Rittigkeitsproblemen im Rahmen der klinischen Diagnostik zuerst gefertigt würden, dann aber typischerweise nur von der lahmen Gliedmaße bzw. vom empfindlichen Rückenbereich. Genau wie bei einer klinisch veranlassten Untersuchung können auch im Rahmen von Kaufuntersuchungen zusätzliche Röntgenaufnahmen (spezielle, ergänzende und Kontrollröntgenaufnahmen) angefertigt werden. Ansönsten können innerhalb des erweiterten Standards

  • z.B. sogenannte Tangentialaufnahmen der Strahlbeine,
  • Schrägaufnahmen der Huf- und Fesselgelenke

gemacht werden, wenn bestimmte Fragestellungen oder individuelle Wünsche dieses erforderlich machen. Vor allem ausländische Käufer verlangen oft sehr viele Röntgenaufnahmen.

Röntgenleitfaden 2007

Für die Befundung der Standard-Röntgenaufnahmen und für die, die nach dem erweiterten Standard gefertigten werden, gibt es seit 1993 eine Interpretationshilfe, die als „Röntgenprotokoll bzw. seit der Überarbeitung 2002 als ‚Röntgenleitfaden‘ und seit der zweiten Überarbeitung 2007 als ‚Röntgenleitfaden 2007‘ bekannt ist.

Im Röntgenleitfaden sind Qualitätsanforderungen an Kaufuntersuchungsaufnahmen definiert; zusätzlich enthält er Empfehlungen zur Aufnahmetechnik und zu den Befundbeschreibungen. Es sind aber auch die bei Kaufuntersuchungsaufnahmen einzugehenden Kompromisse erwähnt.

Die wichtigsten Befunde, immerhin 286, die sich auf den Standardaufnahmen erheben lassen, sind im Röntgenleitfaden systematisch erfasst und hinsichtlich ihrer Bedeutung in vier Röntgenklassen eingeteilt, denen jeweils ‚griffige‘ Bezeichnungen zur Seite gestellt sind. Sie lauten folgendermaßen:

Röntgenklassen gem. Röntgenleitfaden 2007

    • Klasse I:

Röntgenologisch ohne besonderen Befund und Befunde, die als anatomische Formvarianten eingestuft werden (Idealzustand).

    • Klasse II:

Befunde, die von der Norm abweichen, bei denen das Auftreten von klinischen Erscheinungen in unbestimmter Zeit mit einer Häufigkeit unter 3 % geschätzt wird (Normzustand).

    • Klasse III:

Befunde, die von der Norm abweichen, bei denen das Auftreten von klinischen Erscheinungen in unbestimmter Zeit mit einer Häufigkeit von 5 bis 20 % geschätzt wird (Akzeptanzzustand).

    • Klasse IV:

Befunde, die erheblich von der Norm abweichen, bei denen klinische Erscheinungen wahrscheinlich (über 50 %) sind (Risikozustand).

Die Angabe der prozentualen Schätzwerte soll den Auftraggebern die Bedeutung der Befunde in Form eines Risikos für mögliche spätere Probleme veranschaulichen.

Braunes Pferd auf der Wiese

Im Röntgenleitfaden sind Qualitätsanforderungen an Kaufuntersuchungsaufnahmen definiert; zusätzlich enthält er Empfehlungen zur Aufnahmetechnik und zu den Befundbeschreibungen.

Außerdem können Zwischenklassen gebildet werden. Die Unterteilung in die Zwischenklassen I-II, II-III und III-IV soll zum Ausdruck bringen, dass verschiedene Untersucher möglicherweise nach der Deutlichkeit der Befunde und den eigenen Erfahrungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Die Differenz der Prozentzahlen zwischen den Klassen II, III und IV entspricht dabei den Zwischenklassen II-III und III-IV. Mit anderen Worten: Rein mathematisch führt ein Befund der Zwischenklasse II-III mit einer Wahrscheinlichkeit von 3 bis 4,9 % zum Auftreten von klinischen Erscheinungen; ein Befund der Zwischenklasse III-IV mit einer Wahrscheinlichkeit von 21 bis 49 %.

Die Erwähnung der Befunde der Klasse II ist wegen der geringen Bedeutung der Befunde freigestellt. Allerdings müssen Befunde ab der Zwischenklasse II-III Erwähnung finden. Die Zwischenklassen können nach der Deutlichkeit der Befunde und den eigenen Erfahrungen vergeben werden. Teilt der Tierarzt jedoch einen gem. Röntgenleitfaden 2007 den Zwischenklassen II-III oder III-IV zugeordneten Befund in die Klassen II oder III ein, so muss diese Abweichung vom Röntgenleitfaden erwähnt und die Herauf- oder Herabstufung nachvollziehbar begründet werden. Bei eindeutig im Röntgenleitfaden 2007 definierten Klassen (z.B. Klasse III oder Klasse IV) ist keine Abweichung vorgesehen.

Die Einteilung in die Röntgenklassen erfolgt nur anhand der röntgenologischen Befunde. Ferner ist empfohlen, die Röntgenklassen sowohl für den Einzelbefund als auch für die röntgenologische Gesamtbeurteilung zu nennen.

Weiterhin entspricht die schlechteste Röntgenklassen-Einzelbefundung der röntgenologischen Gesamtbeurteilung. Ein einzelner Befund der Klasse III-IV kann also bei sonst nur Klasse I-Befunden im Wege der mathematischen Mittelwertbildung nicht zu Klasse I-II bei der Gesamtbeurteilung werden. In dem Beispiel des einzelnen Befundes der Klasse III-IV muss also auch die Gesamtbeurteilung trotz diverser Klasse I-Befunde ‚III-IV‘ lauten. Es gil das Prinzip, dass das schwächste Glied der Kette deren Gesamtstärke bestimmt. Denn wenn ein Klasse III-IV Befund (um im Beispiel zu bleiben) zur Lahmheit führt, ist es unerheblich, dass mehrere Klasse II oder Klasse II-III Befunde nicht zur Lahmheit geführt haben.

Die klinischen Befunde (Vorbericht, Betrachtung [Adspektion], Betastung [Palpation], Funktion der Gliedmaßen und Ergebnis der Provokationsproben) können im Rahmen einer vollständigen Kaufuntersuchung in Verbindung mit den röntgenologischen Befunden in die persönliche tierärztliche Endbeurteilung des Pferdes positiv oder negativ einfließen. Das bedeutet z.B., dass unterschiedliche Untersucher angesichts positiver klinischer Untersuchungsergebnisse trotz Röntgenklassen III-IV oder IV ein insgesamt positives Urteil für ein Pferd ausstellen können, sofern ihnen dies bei sorgfältiger und gewissenhafter Würdigung aller Befunde angebracht erscheint. Pferdekäufer wären in Kenntnis der Röntgenklassen dann trotzdem darüber informiert, dass andere Beurteiler der Röntgenaufnahmen durchaus zu einer kritischeren Einschätzung der Röntgenbilder kommen können, was auch für Wiederverkäufe eine bedeutsame Rolle spielen kann.

Die Beurteilung im Röntgenleitfaden 2007 bezieht sich nur auf die Standardprojektionen und auf die Aufnahmen der erweiterten Röntgenuntersuchung (Knie und Dornfortsätze der Rückenwirbelsäule). Werden nach Absprache und Auftrag weitere Röntgenaufnahmen gefertigt, müssen diese außerhalb der Röntgenleitfaden-Klassifizierung individuell beurteilt werden. Hierunter fallen beispielsweise die im Kaufuntersuchungsprotokoll bzw. im ‚Vertrag über die Untersuchung eines Pferdes‘ unter Ziffer V. 3) aufgelisteten „zusätzlichen Röntgenaufnahmen des Strahlbeins, der Hufgelenke und der Fesselgelenke.

Zur Verdeutlichung des Ausmaßes und der Lokalisation von krankhaften Röntgenbefunden können diese in die dem Röntgenleitfaden beigefügten kopierbaren anatomischen Skizzen (Zehe, Sprunggelenk, Knie und Dornfortsätze) eingezeichnet werden. Diese Maßnahme kann dazu beitragen, möglichen Missverständnissen vorzubeugen. Denn sie führt zu mehr Transparenz der tierärztlichen Befundung, die sich zur exakten Befundbeschreibung manchmal lateinischer Fachausdrücke bedienen muss. Für veterinärmedizinische Laien wird das tierärztliche Gutachten dadurch nachvollziehbarer und die Möglichkeit des Nachfragens erleichtert.

Ein wesentlicher Punkt für die Befundbeschreibung ist folgende Aussage im Röntgenleitfaden:

Unklare, undeutliche oder verdächtige Befunde auf den Standardaufnahmen sollten durch spezielle Aufnahmen abgesichert werden. Kontrollaufnahmen sollen im Zweifelsfall einen schwerwiegenden (Klasse IV) Befund absichern und Artefakte (Kunstprodukte) ausschließen.Damit soll sichergestellt werden, dass sich auf den Standardaufnahmen andeutende, von der Norm abweichende bzw. pathologische Befunde durch weitere Röntgenaufnahmen näher untersucht werden. Denn auf diese Weise wird vor endgültiger Feststellung eines schwerwiegenden Befundes das Mögliche getan, um (negative) Fehlbeurteilungen zu vermeiden.

Die Befundziffern des Röntgenleitfadens sollten bei den Befundbeschreibungen ab Röntgenklasse II-III angegeben werden. Auch dies soll helfen, größtmögliche Klarheit bei der Röntgenbildbefundung zu schaffen. Der Röntgenleitfaden beinhaltet ferner den Hinweis, dass möglicherweise nicht alle vorkommenden Befunde dort aufgelistet sind. Auch solche Befunde müssen erwähnt, aber nicht klassifiziert werden.

Die vorgenannten Hinweise verstehen sich als Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlinterpretationen. Sie unterstreichen die Bemühungen der dritten Röntgenkommission, den Tierärzten einen Leitfaden zur Verfügung zu stellen, der nach dem derzeitigen Stand der Kenntnisse und Möglichkeiten in jeder denkbaren Richtung eine sorgfältige und gewissenhafte Befunderhebung und -interpretation der röntgenologischen Kaufuntersuchung ermöglicht. Mittels einer sogenannten Röntgen-CD, auf der sich Beispielabbildungen zu fast allen Punkten bzw. Befundziffern des Röntgenleitfadens finden, können Tierärzte die Befundbeschreibungen nachvollziehen und die eigene Befundung überprüfen.

Der Vorsitzende der dritten Röntgenkommission (Prof. Dr. B. Hertsch) hat – auch im Hinblick auf den manchmal zu hörenden Kritikpunkt der ‚Unwissenschaftlichkeit‘ – im Vorwort zum Röntgenleitfaden 2007 auf Folgendes hingewiesen: Die von der Kommission vorgenommene Befundeinteilung in Klassen und Zwischenklassen beruht einerseits auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Andererseits aber dort, wo diese Ergebnisse fehlten, wurde die fachkompetente Einschätzung von Befunden durch die Kommission vorgenommen.

In diesem Zusammenhang wird auf eine Definition für den medizinischen Standard verwiesen, wie sie in der Fachzeitschrift ‚Der Anaesthesist‘ Nr. 4/2004 publiziert wurde: Der medizinische Standard gibt den jeweils aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand unter Berücksichtigung praktischer Erfahrung und professioneller Akzeptanz wieder. Er wird aus einzelnen Forschungsergebnissen, Lehrmeinungen und institutionalisierten Expertenkommissionen gewonnen und ist niedergelegt in Originalpublikationen, wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten und Lehrbüchern.

Nach diesen Kriterien kann der Röntgenleitfaden als Standard angesehen werden. Er darf im positiven Sinne als Maßstab für die tierärztliche Haftung bei der röntgenologischen Kaufuntersuchung herangezogen werden, ohne dass damit andere Formen der Röntgenuntersuchung und Befundbeschreibung (Individualbeurteilungen) als sorgfaltswidrig gelten müssen.

Hier kann der vollständige und aktuelle Röntgenleitfaden 2007 heruntergeladen werden.

Worin liegt der Wert des Röntgens anlässlich von Kaufuntersuchungen?

Die im Rahmen der Kaufuntersuchung klinisch zu erhebenden Befunde am Bewegungsapparat (Lahmheiten, Druckempfindlichkeiten, Ergebnis der Beugeproben) können von vielen Faktoren beeinflusst werden. Hierzu gehören beispielsweise:

  • Trainingszustand,
  • Beschlag,
  • Schonung oder Ruhephasen vor der Kaufuntersuchung,
  • Gabe schmerzstillender Medikamente im Vorfeld,
  • Aufregung des zu untersuchenden Pferdes,
  • Dominanzverhalten bei Hengsten.

Die Befunde sind einzig und allein in die Beurteilung durch den untersuchenden Tierarzt gestellt. Da es z.B. außer der Festlegung der Beugedauer (60 Sekunden) keine praxistaugliche Möglichkeit der Standardisierung und Überprüfung der Beugeprobendurchführung gibt, kann der Auftraggeber der Kaufuntersuchung oder der Pferdekäufer, der ein Kaufuntersuchungsprotokoll ausgehändigt bekommt, nur auf die Versiertheit des Untersuchers vertrauen. Röntgenbilder als bleibende Dokumente lassen sich aber auch durch andere Tierärzte beurteilen und geben dadurch die Möglichkeit, zumindest einen Teil der Kaufuntersuchungsergebnisse überprüfen zu lassen.

Die Erfahrung zeigt, dass auf Röntgenaufnahmen, die anlässlich einer Kaufuntersuchung gefertigt wurden, manchmal Veränderungen zu erkennen sind, die sich auch bei der Betrachtung und Betastung der Gliedmaßen hätten feststellen lassen (z. B. Gelenkschwellungen, Fehlstellungen, Besonderheiten an den Hufen), die aber im Untersuchungsprotokoll nicht erwähnt sind. Deshalb können Röntgenaufnahmen auch dazu dienen, übersehene klinische Befunde festzuhalten, was besonders im Streitfalle wichtig sein kann.

Werden im Rahmen eines Kaufuntersuchungsauftrags die empfohlenen Standardröntgenaufnahmen und ggf. Aufnahmen der erweiterten Röntgenuntersuchung in dem Umfang und in der Qualität erstellt, wie im Röntgenleitfaden 2007 empfohlen, und wird die Befundung so vorgenommen und festgehalten, wie im Röntgenleitfaden 2007 vorgesehen, werden den Auftraggebern solide Untersuchungsergebnisse geliefert, die neben den klinischen Untersuchungsergebnissen als wichtige Kriterien für die Kaufentscheidung dienen können.

Braunes Pferd von der Seite und mit einer grünen Wiese im Hintergrund

Die im Rahmen der Kaufuntersuchung klinisch zu erhebenden Befunde am Bewegungsapparat können von vielen Faktoren beeinflusst werden, wie z.B. Trainingszustand, Beschlag oder Schonung oder Ruhephasen vor der Kaufuntersuchung.

Die Haftung des Tierarztes für fehlerhafte Kaufuntersuchungen

Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Haftung

Bei tierärztlichen Kaufuntersuchungen kommt durch den Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens über den Gesundheitszustand eines Pferdes zwischen Auftraggeber und Tierarzt ein Werkvertrag zustande (§ 631 BGB). Ist das Gutachten fehlerhaft, z.B. infolge fahrlässig übersehener oder falsch interpretierter Befunde, ist der Tierarzt seinem Auftraggeber zum Schadensersatz verpflichtet.

Dies führt dazu, dass der Veterinär antragsgemäß dazu verurteilt werden kann, dem Käufer sowohl den Kaufpreis als auch sämtliche Kosten, die dieser in das Pferd investiert hat, zu erstatten. Zug um Zug wird dem Tierarzt dann das Eigentum an dem Pferd übertragen. Das gilt selbstverständlich nur, wenn der Käufer beweisen kann, dass er bei richtiger Befundung von dem Kauf Abstand genommen hätte. Von den Schadensersatzpositionen muss der Käufer allerdings den Nutzen in Abzug bringen, den er aus dem Pferd gezogen hat.

Untersuchung vom Käufer in Auftrag gegeben

Vorteilhaft stellt sich die Situation für den Käufer dar, wenn er selbst die Untersuchung in Auftrag gegeben hat. Er hat dann einen eigenen vertraglichen Schadensersatzanspruch gegen den Tierarzt. Stellt der übersehene oder falsch interpretierte Befund zugleich einen Sachmangel im Sinne der kaufrechtlichen Gewährleistung dar, kann er sich aussuchen, ob er gegen den Verkäufer des mangelhaften Pferdes aufgrund der Sachmangelhaftung vorgeht oder den Tierarzt in Anspruch nimmt3. Er ist nicht verpflichtet, zunächst den Verkäufer in die Haftung zu nehmen.

Nimmt der Käufer den Tierarzt in Anspruch, stellt sich die Folgefrage, ob der Veterinär den Verkäufer in Regress nehmen kann. Dies wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung bejaht, da Verkäufer und Tierarzt als sogenannte Gesamtschuldner angesehen werden5.

Nicht geklärt ist in diesem Zusammenhang jedoch, zu welchen Anteilen der Innenausgleich unter den Gesamtschuldnern (Verkäufer und Tierarzt) stattfindet. Eine Behandlung dieser komplizierten Frage würde den Umfang dieses Kapitels jedoch sprengen.

Untersuchung vom Verkäufer in Auftrag gegeben

Ansprüche des Verkäufers

Ist der Verkäufer Auftraggeber des Tierarztes, hat er einen unmittelbaren vertraglichen Anspruch gegen den Veterinär.

Es stellt sich die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe dem Verkäufer durch das fehlerhafte tierärztliche Gutachten ein Schaden entstanden ist. Denn hätte der Tierarzt ordnungsgemäß befundet und so einen Mangel des Pferdes aufgedeckt, hätte der Verkäufer entweder insgesamt vom Verkauf des Pferdes Abstand genommen oder den Kaufpreis in Relation zu dem festgestellten Mangel herabstufen müssen. Der Tierarzt haftet aus diesem Grund nur für die nutzlosen Aufwendungen des Verkäufers sowie ggf. Rechtsanwalts- und/oder Gerichtskosten.

Ansprüche des Käufers

Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch der Käufer – ohne Vertragspartner des Tierarztes zu sein – in den Vertrag zwischen dem Tierarzt und dem Verkäufer miteinbezogen sein, sodass auch ihm ein vertraglicher (Haftungs-)Anspruch zusteht (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter)6. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Käufer eigene Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Verkäufer hat. Diese muss er zunächst ausüben. Erst wenn er damit scheitert, kann er den Veterinär in die Haftung nehmen.

Vertragliche Haftungseinschränkungen des Tierarztes gegenüber seinem Auftraggeber

Der Tierarzt darf seine Haftung für fehlerhafte Kaufuntersuchungen nicht in seinen AGB begrenzen. Er muss, da seine tierärztliche Sorgfalt sogenannte Kardinalpflicht ist, auch im Falle leichter Fahrlässigkeit haften.

Im Hinblick auf die Höhe der Haftung bei Kaufuntersuchungen sind viele Tierärzte nur bis zu 50.000,– € oder 100.000,– € haftpflichtversichert (Vermögensschadenhaftpflicht). Viele Tierärzte reduzieren daher die Höhe ihrer Haftung per Vertrag mit dem Auftraggeber auf die Deckungssumme dieses Versicherungsschutzes. Handelt der Tierarzt diese Haftungsreduzierung individuell aus, ist dies nahezu einschränkungslos möglich.

Verwendet er jedoch AGB – was i.d.R. der Fall ist –, so hat er Folgendes zu beachten: Die vertraglich reduzierte Haftungssumme muss nach der Rechtsprechung des BGH stets in einem angemessenen Verhältnis zu dem potenziellen Schaden stehen. Zum Beispiel: Untersucht der Tierarzt ein Pferd zum Kaufpreis von 150.000,– € und möchte er seine Haftung auf 50.000,– € Versicherungssumme einschränken, so ist ein angemessenes Verhältnis nicht mehr gegeben.

Dies hat zur Folge, dass die Haftungseinschränkung unwirksam ist (§ 307 BGB) und der Veterinär in voller Höhe haftet. 50.000,– € wird dann im Schadensfall sein Versicherer beisteuern; die restlichen mehr als 100.000,– € muss er aus eigener Tasche bezahlen. Bei Kaufuntersuchungen hochpreisiger Pferde bleibt dem Tierarzt daher nur die Möglichkeit, seinen Vermögensschaden- Versicherungsschutz aufzustocken oder eine individuelle Vereinbarung mit seinem Auftraggeber über die Höhe der Haftung zu treffen.

Will der Tierarzt seine Haftung z.B. auf die Fälle grober Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränken, also nicht für leicht fahrlässig begangene Fehler haften, oder aber seine Haftung der Höhe nach wie oben beispielhaft genannt erheblich reduzieren, so kann er dies rechtswirksam nur mittels einer individuellen Vereinbarung mit dem Auftraggeber tun. Dieser sollte dann jedoch kritisch hinterfragen, ob der von ihm ausgewählte Veterinär auch wirklich der Untersucher seines Vertrauens ist.

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1 Kommentar

Fohlenkauf mit Herz und Verstand: Was muss ich beachten? | ehorses Magazin 13. Februar 2017 - 15:19

[…] auskennen, empfehlen wir Ihnen einen Tierarzt Ihres Vertrauens vor dem Kauf hinzuzunehmen. Eine Ankaufsuntersuchung (AKU) ist in jedem Fall ratsam. Der Tierarzt beurteilt den allgemeinen Gesundheitszustand des […]

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