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Dülmener Wildpferde

von Frederieke Wenning
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Beim Dülmener Wildpferd handelt es sich um eine Ponyrasse, die im rund 350 Hektar großen Merfelder Bruch, einem Naturschutzgebiet nahe Dülmen in Westfalen, beheimatet ist. In der freien Wildpferdebahn leben etwa 350 Dülmener Wildpferde nahezu ohne menschlichen Eingriff, völlig auf sich allein gestellt.

Als eine der ältesten deutschen Pferderassen sind die Dülmener Wildpferde zweifellos eine Besonderheit, nicht zuletzt aufgrund ihrer Lebensweise und der seit Jahrhunderten bestehenden Population, die im Jahr 1316 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Die Kleinpferde wurden bis heute als Wildherde erhalten und weisen nach wie vor ihr ursprüngliches Exterieur auf, das durch eine grau- bis braunfalbe Fellfärbung, einen wildtypischen Aalstrich und ein Stockmaß von rund 130 Zentimetern gekennzeichnet ist. Als einzige Wildpferderasse gehen sie nicht auf domestizierte Pferde zurück, sondern leben seit jeher in freier Wildbahn. Ihr Bestand ist allerdings sehr klein und wird seit 1994 auf der Roten Liste der gefährdeten Nutztierrassen als extrem gefährdet eingestuft. Einmal im Jahr, jeweils Ende Mai, können Pferdeliebhaber die wild lebenden Tiere aus nächster Nähe bewundern. Dann findet der traditionelle Wildfang statt, bei dem die Jährlingshengste in einem publikumswirksamen Spektakel eingefangen und versteigert werden.

Wichtige Daten zum Dülmener Wildpferd im Überblick

  • Ursprung: Deutschland
  • Hauptzuchtgebiet: Deutschland
  • Verbreitung: Deutschland
  • Stockmaß: 125 bis 135 cm
  • Gewicht: ca. 355 bis 450 kg
  • Erscheinungsbild: Rechteckiges Gebäude mit viel Behang
  • Farben: Falben in sämtlichen Variationen
  • Haupteinsatzgebiet: Reiten, Distanz, Fahren

Dülmener Wildpferde bei ehorses

Die Zuchtgeschichte der Dülmener Wildpferde

Dülmener Wildpferde sind seit vielen Jahrhunderten im Merfelder Bruch beheimatet, wo sie in Gemeinschaftsgründen, der sogenannten Wildbahn, frei und sich selbst überlassen lebten. Die Bruchlandschaft mit ihren Tausenden Hektar Fläche wurde aufgrund des hohen Grundwasserstandes kaum landwirtschaftlich genutzt und erwies sich daher als ungestörter Lebensraum. Dies sollte sich bis in das 19. Jahrhundert hinein nicht ändern, ehe eine zunehmende landwirtschaftliche Nutzung unattraktiver Flächen, unter anderem durch Trockenlegungen, erfolgte. Seither wurden die Dülmener Wildpferde immer mehr in ihrem natürlichen Lebensraum eingeschränkt.

Die erste urkundliche Erwähnung der Rasse geht auf ein Schriftstück aus dem Jahr 1316 zurück, in dem sich Johannes de Lette und Herrmann de Merfeld das Fischerei- und Jagdrecht sowie das Recht an den Wildpferden sicherten. In den Jahren 1840 bis 1850 war der Bestand der Dülmener Wildpferde durch eine Teilung der Gemeinschaftsgründe im Merfelder Bruch gefährdet. Durch das Engagement von Alfred Herzog von Croy, der sein erhaltenes Teilstück von rund 35 Hektar zur Verfügung stellte, konnten die verbliebenden 20 Pferde weiter im Merfelder Bruch leben.

Bis heute ist die Fläche sogar auf etwa 350 Hektar angewachsen, da die Herzöge von Croy die Wildbahn in den vergangenen 150 Jahren kontinuierlich vergrößert haben. Der äußerst kleine Bestand war gleichbedeutend mit der Herausforderung, eine mögliche Inzucht zu vermeiden und dennoch das wildpferdähnliche, ursprüngliche Erscheinungsbild der Tiere zu erhalten. Daher wurden in den vergangenen Jahrzehnten andere Ponyrassen eingekreuzt, darunter Welsh- und Exmoor-Ponys und seit den 1950er Jahren vor allem polnische Koniks. Insbesondere Nougat, ein polnischer Konik-Hengst, nahm einen deutlichen Einfluss auf das Exterieur der Dülmener Wildpferde und trug einen großen Teil zur Verbesserung eines einheitlichen Typs bei, der durch die Farbvererbung als Graufalbe oder Falbe mit Zebrastreifen am Bein und Aalstrich gekennzeichnet ist.

Das Zuchtbuch für die Rasse Dülmener Wildpferd wird vom Westfälischen Pferdestammbuch e.V. geführt und ist geschlossen. Als Zuchtmethode soll die Reinzucht befolgt werden. Wegen der geringen Population ist jedoch eine herkömmliche Zucht nicht möglich. Daher wird auf die Erhaltungszucht gesetzt, bei der es gilt, Genverlust und Inzucht durch eine ausreichende Hengstanzahl zu vermeiden. Diese kommt auch in der Wildbahn des Merfelder Bruchs zum Einsatz, wo der Großteil des heutigen Bestands lebt. Eine Selektion zur Erreichung des Zuchtziels wird dort nur begrenzt durchgeführt.

Wem gehören die Dülmener Wildpferde?

Die Wildpferde stehen im Besitz und Eigentum des Herzogs von Croy.

Das Aussehen (Exterieur) der Dülmener Wildpferde

Dülmener Wildpferde erreichen ein Stockmaß von 125 bis 135 Zentimetern, zählen damit zu den Kleinpferden/Ponys und präsentieren sich mit einem ausdrucksstarken, mittelgroßen Kopf. Charakteristisch sind eine breite Stirn, große und intelligente Augen sowie ein leicht konkaver bis gerader Nasenrücken und kleine Ohren. Der Hals zeigt sich gut aufgesetzt und leicht gewölbt mit ausreichender Länge und geht in schräge Schultern und einen gut bemuskelten, elastischen Rücken über. Darüber hinaus zeichnet sich das Gebäude durch einen mäßig ausgebildeten Widerrist, eine oftmals leicht abschüssige Kruppe und eine breite Brust aus. Erwünscht sind ein Rechteckformat sowie eine ansprechende Gurtentiefe und Rippenwölbung. Das Fundament ist durch stabile Röhren, markante und trockene Gelenke sowie gut geformte, harte Hufen gekennzeichnet. Die Hinterhand soll muskulös und gut gewinkelt sein.

Hinsichtlich der Fellfärbung sind Dülmener Wildpferde ausschließlich Falben mit Wildzeichnung in allen Farbvariationen. Typisch sind vor allem braun- und graufalbe Pferde mit Aalstrich. Als markanter Blickfang zeigen sich nicht zuletzt das ausgeprägte Mähnen- und Schweifhaar und der starke Fesselbehang.

Dülmener, die außerhalb der Wildherde gezüchtet und eingeritten werden, machen durch ihren raumgreifenden, nicht zu flachen und taktreinen Bewegungsablauf auf sich aufmerksam. Erfreulich ist auch der kraftvolle Schub aus der Hinterhand.

Der Charakter (Interieur) – Dülmener Wildpferde sind gutmütige und robuste Kleinpferde

Dülmener Wildpferde zeigen Verhaltensweisen wie sie Pferde in freier Wildbahn typischerweise haben. Sie leben durchgehend in einer Gruppe, die jedes einzelne Mitglied vor Feinden schützt. Eine starke Verteidigung bietet das einzelne Tier nicht. Die Flucht ist das einzige Mittel, mit dem es sich einer drohenden Gefahr entziehen kann. Als Herdentiere verfügen Dülmener Wildpferde daher über feine Sinne im Hinblick auf ihre Umgebung.

Wer ein Wildpferd dieser Art reiten möchte, muss es vorher ausbilden lassen. Die Bodenarbeit und die Methoden des Horsemanship spielen dabei eine wichtige Rolle, weil das Pferd mit verschiedenen, neuen Situationen konfrontiert werden kann. Vor allem Wildpferde, die schnell auf drohende Gefahren reagieren, brauchen Zeit, um sich an die neue Umgebung im Reitstall mit noch anderen Pferden zu gewöhnen. Die Gutmütigkeit des Dülmener Wildpferdes bietet dabei eine perfekte Basis für eine fruchtende Zusammenarbeit.

Wie viel kostet ein Dülmener Wildpferd?

Der Preis ist gleich dem Versteigerungspreis, für den der Bietende den Zuschlag bekommt.

Dülmener Wildpferd auf der Wiese
Wer ein Wildpferd dieser Art reiten möchte, muss es vorher ausbilden lassen.

Die Verwendung der Wildpferde

Waren die Dülmener Wildpferde früher als robuste und langlebige Nutztierrasse beliebt, so werden sie heute im Rahmen der Zucht außerhalb ihres natürlichen Lebensraums als vielseitiges Familien- und Freizeitpferd eingesetzt. Sie eignen sich insbesondere als Reit-, Kutsch- und Distanzpferd.

Besonderheiten der Wildbahn als natürlicher Lebensraum

Im Merfelder Bruch finden die Dülmener Wildpferde ideale Lebensbedingungen vor. Durch den Wechsel von Heidelandschaft, Moor, Weide, Nadel- und Laubwald ist sowohl Schutz bei schlechten Wetterverhältnissen als auch abwechslungsreiche Nahrung vorhanden. So können die Pferde durchgehend in freier Wildbahn leben und sind nur in strengen Wintern auf die Zufütterung von Stroh und Heu angewiesen. Die harten Lebensbedingungen haben die Dülmener zu einer besonders genügsamen und widerstandsfähigen Rasse gemacht, die sich aufgrund ihrer hohen Ausdauer und Langlebigkeit großer Beliebtheit als Wirtschafts- und Arbeitspferd erfreute. Heute steht die Eignung als charakterfestes, umgängliches und intelligentes Freizeit- und Reitpferd im Vordergrund.

Die Wildpferdebahn ist entscheidend für die Erhaltung der Rasse mit ursprünglichem Erbgut und daher als Naturschutzgebiet eingetragen, das als natürlicher Lebensraum für die wilden Pferde bestehen bleiben soll. Ein Eingriff in die Natur würde unweigerlich zu Veränderungen des Pferdetypus führen und muss dementsprechend vermieden werden, zumal weltweit kaum noch eine nahezu unbeeinflusste Pferdepopulation wie die der Dülmener Wildpferde zu finden ist. Die Tiere leben im Herdenverband aus Stuten und Fohlen zusammen, der sich aus mehreren Sippen zusammensetzt und von einer Leitstute angeführt wird. Ausschließlich im Sommer werden Hengste zu den Stuten gelassen.

Wo leben die Wildpferde in Dülmen?

Die Wildpferde leben im Naturschutzgebiet Merfelder Bruch.

Deutsche Pferderassen - Dülmener Wildpferd auf Wiese
Im Merfelder Bruch finden die Dülmener Wildpferde ideale Lebensbedingungen vor.

Der Wildpferdefang im Naturschutzgebiet Merfelder Bruch – Ablauf, Zeitpunkt & Kultur

Der Wildpferdefang im Naturschutzgebiet Merfelder Bruch der Stadt Dülmen im Münsterland folgt einem traditionell festgelegten Ablauf. Dazu versammeln sich Zuschauer in der Arena der bekannten Landschaft in Dülmen, um dem Schauspiel beizuwohnen. Der Wildpferdefang wird jedes Jahr am letzten Samstag im Mai abgehalten. Am Veranstaltungstag öffnet die Wildpferdebahn schon in den Morgenstunden. Die Tribünen können Fans aber erst zur Mittagszeit betreten. Davor haben sie die Möglichkeit, sich mit Kultur und Umgebung vertraut zu machen.

Seit 1907 ist der Wildpferdefang ein fester, geschichtlicher und einzigartiger Bestandteil, der das kulturelle Bild des Münsterlandes tief geprägt hat. Der Besitz des Herzogs von Croy macht es bis zu 400 lebenden Vierbeinern samt Fohlen möglich, sich frei zu bewegen und zu entwickeln. Eine zweite Wildpferdebahn wie diese gibt es in ganz Europa nicht. Noch vor dem eigentlichen Wildpferdefang beginnt das Showprogramm, um die Zuschauer atmosphärisch einzustimmen.

In Regel laufen um 15 Uhr die Wildpferde in die Arena. Mit dem Einlauf der Herde startet eine knapp dreistündige, aufregende Prozedur, die erst am Abend endet. Gemäß der Tradition fangen aus der Umgebung stammende junge Männer die Jährlingshengste dann mit bloßen Händen ein. Geschick, Ausdauer und Kraft sind für einen erfolgreichen Fang notwendig. Auf diese Weise trennen sie die Jährlinge von der Herde.

Noch während der Trennung findet eine Verlosung der Hengste statt. Im Anschluss erfolgt die Versteigerung der Hengste. Mit dem Zuschlag und dem Versteigerungspreis ist der Kauf schließlich abgeschlossen. Wer die Ersteigerung eines Dülmener Wildpferdes ins Auge fasst, sollte auch die Nebenkosten mit einplanen. Sie werden zusammen mit dem Kaufpreis fällig. Der Ablauf sieht vor, dass sogleich nach dem Zuschlag eine Anzahlung von 100 Euro in bar zu entrichten ist. Die Nebenkosten betragen nach jetzigem Stand 150 Euro. Sie setzen sich aus Aufgeld, DNA-Untersuchung, Chippen, Herkunftsnachweise, Eigentumsurkunde, Equidenpass usw. zusammen. Am Ende der Veranstaltung sehen die meist jubelnden Besucher die Herde zurück in die Wildpferdebahn laufen.

Bei der spektakulären Veranstaltung geht es um mehr als nur um Unterhaltung. Mit dem Fang der jungen Hengste bleibt die nötige Anzahl an gesunden Pferden gleich in vielerlei Hinsicht erhalten. Indem nur ein Deckhengst bis in die Herbstzeit hinein bei der Herde verbleibt und für Nachkommenschaft sorgt, ist die Gefahr der Fortpflanzung unter engen Verwandtschaftslinien gebannt. Genetische Dispositionen sollten damit von vornherein ausgeschlossen sein. Ebenso kann es keine gefährlichen Kämpfe um den Rang in der Herde geben.

Ob ein Pferd letztlich gesund ist, kann der Betrachter von außen nicht immer sehen. Für die Gesundheit und Beschaffenheit der ersteigerten Tiere übernimmt der Veranstalter zumindest keine Gewähr. Die Dülmener Wildpferde, die später beispielsweise als Freizeitpferd zum Einsatz kommen, haben jedoch eine lange Lebenserwartung und bieten den Reitern bei entsprechender Ausbildung eine zuverlässige Partnerschaft.

Darüber hinaus sorgt der Wildpferdefang von Dülmen – als Ersatz für die natürliche Auslese – für die richtigen Platzverhältnisse. Denn die Wildpferdebahn bietet einen nur begrenzten Raum für die Pferde. Das weitläufige Heide- und Moorgebiet mit Hochwäldern unterschiedlicher Baumarten bietet den wilden Vierbeiner ausreichend Nahrung für die Zukunft. Gleichermaßen verhindert die Tradition des Wildpferdefangs eine Überlastung der natürlichen Flora.

Wann ist der Dülmener Wildpferdefang?

Der Wildpferdefang findet jedes Jahr am letzten Samstag im Mai statt.

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