Ist vom Tinker die Rede, kommt zunächst das markante Äußere in den Sinn – Schecken in allen Varianten, üppiger Kötenbehang, volles Langhaar und das typische Ziegenbärtchen an der Unterlippe. Die irische Rasse ist in Europa seit den 1990er Jahren zum Modepferd avanciert und erfreut sich im Zuge des Freizeitreitens nach wie vor großer Beliebtheit.
Inhalte
Wichtige Daten im Überblick
- Ursprung: Großbritannien, Irland
- Hauptzuchtgebiet: vor allem Europa
- Verbreitung: weltweit
- Stockmaß: 1,35m bis 1,60m
- Gewicht: 460kg bis 730kg
- Erscheinungsbild: Kaltbluttyp
- Farben: alle Farben sind möglich, oft geschecktes Fell
- Haupteinsatzgebiet: Reit- und Zugpferd, Freizeitpferd
Herkunft/Ursprung der Pferderasse
Tinker, auch Irish Tinker oder Gypsy Cob genannt, sind Pferde der irischen Rasse Irish Cob und im Typ ähnlichen Pferden, die allerdings nicht als Irish Cobs anerkannt werden. Das betrifft zum Beispiel Pferde, die unter 1,60m groß sind.
Tinker waren ursprünglich die Arbeitspferde irischer Traveller. Das fahrende Volk wurde oftmals abschätzig Tinker, übersetzt Kesselflicker oder Zigeuner, genannt, sodass sich der Name als Rassebezeichnung auf die Pferde übertrug. Über ihre Zuchtgeschichte und ihren Rasseursprung ist indes wenig bekannt, denn in den Ursprungsländern Irland und Großbritannien waren die Tinker Pferde nie als eigenständige Rasse anerkannt worden.
Ohne Zuchtbuch und Lobby und ohne genauere Informationen über ihre Herkunft und die Zuchtweise der Traveller kann die Entstehungsgeschichte nur grob umrissen werden. Anzunehmen ist, dass Kaltblüter und Dales-Ponys eingekreuzt wurden, da als Eigenschaften vor allem ein guter Charakter, Robustheit und Zugfähigkeit im Vordergrund standen. Auch Friesen und Clydesdales könnten in der Ursprungsgeschichte der Tinker eine wichtige Rolle gespielt haben. Die Pferde vereinen die besten Eigenschaften von Warmblütern, Kaltblütern und Ponys und sind besonders für ihr freundliches Wesen bekannt. In den 1990er Jahren kamen Tinker durch erste Importe in Deutschland und anderen mitteleuropäischen Ländern in Mode. Erst hierdurch wuchs auch in Irland das Interesse, sodass sich 1998 erstmals ein Zuchtverband, die Irish Cob Society Ireland Ltd., gründete. In Deutschland waren Tinker Pferde zunächst ein Rassetyp, der in verschiedenen Zuchtbüchern geführt wurde, aber keine eigenständige Rasse. Erst im Jahr 2005 erfolgte die Einführung eines Zuchtbuchs und eines Rassestandards.
Aussehen (Exterieur)
Diese Pferde zeigen sich hinsichtlich ihrer äußeren Erscheinung durchaus vielfältig, da sowohl Merkmale vom Warmblut als auch Pony und Kaltblut zu erkennen sind. Vom schweren Zugpferd mit Kaltblutprägung über mittelschwere Typen bis zum Tinker mit Ponyeinschlag sind unterschiedliche Ausprägungen möglich. Grundsätzlich ist ein kompakter, kräftiger und eher quadratisch gebauter Rassetyp bei einem Stockmaß zwischen 135 und 160 Zentimetern vorrangig.
Der trockene Kopf hat nicht selten die Form eines Ramskopfes und zeichnet sich durch große Augen sowie den rassetypischen, unterschiedlich starken Ziegen- und Oberlippenbart aus, der nicht geklippt sein darf. Erwünscht sind ein mittellanger, gut angesetzter Hals, eine gute Ganaschenfreiheit sowie lange, schräge Schultern und ein ausreichender, nicht zu kurzer Widerrist. Der kräftige Körperbau sollte sich zudem mit einem gut bemuskelten, nicht zu langen Rücken, einer schrägen und muskulösen Kruppe sowie ausreichend Brusttiefe präsentieren. Beim trockenen Fundament sind klare Gelenke, eine mittellange Fesselung, eine korrekte Stellung der Beine und große, aber oftmals flachere Hufen kennzeichnend.
Auffallend ist darüber hinaus das stark ausgeprägte Langhaar in Form eines üppigen Kötenbehangs, einer langen und vollen Mähne sowie eines prächtigen Schweifs. Bei der Fellfärbung kommen sämtliche Farben vor, darunter auch die Sabino-, Tobiano– und Overo-Scheckung sowie sämtliche Mischformen. Bevorzugt werden beim Tinker Plattenschecken, während Albinos gänzlich unerwünscht sind.
Tinker im Video
Charakter (Interieur)
Tinker sind robuste, leichtfuttrige und verlässliche Pferde, die sich für Zug- und Reitzwecke eignen. Grundsätzlich zeichnen sie sich durch Intelligenz, Neugier, Menschenbezogenheit und einen ausgeglichenen Charakter aus. Mitunter zeigen sie aber auch ein stures und abweisendes Verhalten, wenn ihnen das Vertrauen zum Reiter fehlt und eine harmonische Bindung schwerfällt. Darüber hinaus ist das Wesen der Tinker Pferde durch Selbstständigkeit, Lernbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein geprägt. Aggressivität wird in der Zucht nicht geduldet, entsprechend veranlagte Tiere werden schnell aussortiert.
Obwohl Tinker aufgrund ihrer Masse, der langen, zotteligen Mähne und ihres restlichen Aussehens häufig sehr wild erscheinen, sind die Pferde in Wirklichkeit sehr brav, geduldig und ausgeglichen. Ihre Nervenstärke kommt einem auch beim Training zugute. Dort sind die Tiere sehr fokussiert und lernwillig. Sie lassen sich immer händeln und spielen ihr Gewicht und ihre Kraft nicht gegen den Reiter aus. Nicht umsonst gelten Tinker als eine der sanftmütigsten und umgänglichsten Pferderassen der Welt.
Besondere Merkmale
In Irland wurden und werden teilweise illegale Trabrennen mit Tinkern veranstaltet. Die Traveller sperren dazu einfach Straßen mit Autos ab und lassen die Pferde auf dem Asphalt rennen. Die Stars dieser Szene sind Tinker mit viel Traberblut. Die besten Hengste werden intern gekört und sind in den Traveller Kreisen sehr berühmt.
Da der Fokus der Zucht lange Zeit auf der Aufgabe als Zugpferd lag, haben Tinker einen eher weichen und schlecht bemuskelten Rücken. Sie brauchen gutes Training, um einen Reiter gesund und sinnvoll tragen zu können. Durch die natürliche Aufrichtung und das eher inaktive Hinterbein neigen Tinker dazu zum Senkrücken und haben oft Rückenprobleme. Das ist besonders problematisch, da die Pferde aufgrund ihrer robusten Statur auf den ersten Blick wie Gewichtsträger aussehen und deshalb oft von viel zu schweren Reitern geritten werden. Tatsächlich liegt das Belastungsgewicht allerdings nur zwischen 50 und 60kg, bei sehr gut trainierten Pferden mit einer guten Rückenmuskulatur eventuell auch bei etwas mehr.
Verwendung/Einsatzgebiete der Rasse
Ursprünglich waren Tinker reine Zugpferde, die durch ihre Verlässlichkeit und Kraft vor der Kutsche, aber auch in der Landwirtschaft überzeugt haben. Heute werden Tinker als Alleskönner gezüchtet. Aufgrund ihres schweren Körperbaus sind die Pferde zwar für das Dressur-, Spring- und Vielseitigkeitsreiten auf dem Turnier zumindest in den höheren Klassen nicht geeignet, aber dennoch können sie in breitensportlichen Wettbewerben auch in diesen Disziplinen Erfolge vorweisen. Tinker sind ideale Freizeitpferde, die mit ihren schwungvollen und raumgreifenden Grundgangarten und ihrer Ausdauer zu begeistern wissen. Aufgrund ihres tollen Charakters werden sie auch oft als Therapiepferde eingesetzt.
Erbkrankheiten
Tinker haben keine bekannten Erbkrankheiten. Allerdings reagieren die Pferde auf zu nährstoffreiches Futter häufig mit Sommerekzem, Mauke, Allergien und Magenproblemen. Auch chronischer Durchfall und Kotwasser sind häufige Probleme, die durch eine falsche, nicht auf die Rasse angepasste Fütterung entstehen.
Fütterung
Tinker sind geschichtlich gesehen daran gewöhnt aus kargem Futter so viel Energie wie möglich zu gewinnen und gleichzeitig so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Mit diesem Wissen wird schnell deutlich, dass das mittlerweile deutlich nährstoffreichere Gras in weiten Teilen Europas oft schon zu „fett“ für Tinker ist. Teilweise kann man sogar davon ausgehen, dass das heutige Gras sowie daraus gewonnenes Heu auf den Körper eines Tinkers wie Kraftfutter wirkt. Dementsprechend vorsichtig sollten Tinker gefüttert werden. Dennoch ist zu beachten, dass keine Fresspause von über 4 Stunden entstehen sollten. Heunetze oder automatisierte Futterraufen sind hier eine gute Lösung.
Dabei ist aber auch zu beachten, dass Tinker im Vergleich zu anderen Pferden deutlich stärker auf Stärke und Zucker reagieren. Diese leicht verdaulichen Kohlenhydrate befinden sich unter anderem in Getreide, Saftfutter, Trester oder kommen in Form von Melasse vor. Nehmen Tinker zu viel Zucker auf, reagiert der Körper oft mit Lympheinlagerungen. Dadurch wirken die Pferde dicker als sie es tatsächlich sind.
Bekannte Pferde der Rasse
In dem Film „Bibi und Tina – Voll verhext“ kommt ein Tinker vor. Eigentlich sollte ein anderes Pferd die Rolle spielen, aber dieses scheute vor dem Kamerateam, weshalb ein zuverlässiger und ruhiger Ersatz hermusste. Der Tinke mit dem Namen „Merlins Magic“, eigentlich das Voltigierpferd des RVC Wedemark wurde kurzerhand nachgecastet und absolvierte alle noch so schwierigen Szenen mit Bravour.